Bereits seit dem Jahr 1919 ist das Leipziger Familienunternehmen Schuster Floristenbedarf auf dem Markt tätig. 2011 wagte man schließlich den Schritt hin zum eigenen Online-Shop und konnte die anfängliche Skepsis mit Kreativität und Leidenschaft schnell aus dem Weg räumen. Im Interview spricht die Online Store Managerin Elena Ryzhikova über die Herausforderungen in der Branche und wie man den Kampf gegen die großen Online-Konkurrenten um Amazon und Co. angeht.
OnlinehändlerNews: Wie lange gibt es das Unternehmen schon und wie groß ist Ihr Kundenstamm inzwischen?
Elena Ryzhikova: Wir sind ein klassischer Familienbetrieb in der mittlerweile vierten Generation. Unsere Firmengeschichte reicht zurück bis ins Jahr 1919! Seitdem haben wir unser Kerngeschäft, den Handel mit Floristenbedarf, konsequent verfolgt und verschiedenste Herausforderungen gemeistert, etwa die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit im Zuge der DDR-Planwirtschaft. Den klassischen Großhandel für Geschäftskunden betreiben wir mittlerweile in zwei Filialen in Leipzig und Potsdam, mit einem Stamm von circa 5.000 Kunden. Der Profi-Online-Shop floristik21.de ist im Jahr 2011 hinzugekommen. Hier haben wir seitdem mit über 100.000 Kunden zusammengearbeitet.
Wie ist es zur Gründung Ihres Online-Shops gekommen?
Unser Online-Shop ist ganz organisch aus dem klassischen Großhandelsgewerbe entstanden. Um das Jahr 2011 herum ist uns aufgefallen, dass viele Unternehmen im Einzel- wie Großhandel begannen, ins Online-Geschäft einzusteigen. Das eher traditionelle Floristikgewerbe erschien uns dafür zunächst wenig geeignet. Unser natürlicher Enthusiasmus für das Florale und der Drang, Herausforderungen anzunehmen, räumte diese Skepsis schließlich aus. Hinzu kam, dass wir wegen des Großhandelsgeschäftes ohnehin sowohl auf unser floristisches Know-how als auch die entsprechende Produktpalette zurückgreifen konnten. Zunächst begannen wir, das Geschäft aus einem Lagerraum heraus mit nur einem Mitarbeiter zu betreiben.
Ich selbst bin Biochemikerin, auch für mich war der Online-Handel komplettes Neuland. Nachdem ich eine Ausbildung im Bereich Online-Handel absolviert hatte, konnten wir uns schnell professionalisieren und innerhalb kürzester Zeit große Umsatzzuwächse verzeichnen. Diese Dynamik führte innerhalb weniger Jahre dazu, dass wir mehr Mitarbeiter einstellen und nur für den Online-Shop eine eigene Halle in der Nähe des Leipziger Abholmarktes bauen konnten. In vielen Bereichen sind wir mit den neuen Aufgaben gewachsen. Insbesondere in den Bereichen Logistik und Online-Content haben wir kontinuierlich eigene Ressourcen und Personal aufgebaut. Im Gesamtunternehmen hat der Online-Bereich mittlerweile den Status einer eigenen Filiale, gleichberechtigt neben den beiden klassischen Großmärkten. Pioniergeist und Tradition ergänzen sich bei uns wunderbar!
Welche Herausforderungen stellt der B2B-Markt für Ihr Geschäft dar?
Die Arbeit mit Geschäftskunden ist unser traditionelles Kerngeschäft, mit dem wir seit unseren Anfängen gewachsen sind. Bei uns kaufen Blumeneinzelhändler, Floristen oder Gärtnereien ein, die ihren Bedarf nach Werkstoffen decken und ihren Kunden besondere Produkte anbieten wollen. Dies gilt auch für den Online-Handel! Für täglich benutztes Werkzeug nicht extra in den Großmarkt fahren zu müssen, bringt Floristen natürlich viele Kostenvorteile. Um außergewöhnliche Artikel anbieten zu können, sind wir mehrmals im Jahr in der ganzen Welt unterwegs, besuchen Märkte und Messen in China, Indien, Südafrika und auf den Philippinen. In diesem Bereich ist es für Profis ganz wichtig, sich einen genauen Eindruck von Aussehen und Beschaffenheit der Produkte zu machen. Deshalb legen wir in unserem Shop großen Wert auf exakte Produktbeschreibungen und eine detaillierte Präsentation mit hochauflösenden Fotografien, Videos und 360°-Aufnahmen.
Gibt es saisonale Schwankungen in den Bestellungen und welche Schwierigkeiten stellen besonders die kalten Monate für Sie dar?
Insgesamt bleibt die Nachfrage ganzjährig in etwa gleich. Für die Floristik sind saisonale Schwankungen in der Nachfrage nach bestimmten Produkten natürlich typisch. Unser Geschäftsjahr wird vom Wechsel der Jahreszeiten und den traditionellen Festen wie Ostern und Weihnachten bestimmt. Wenn draußen die Temperaturen auf 30 Grad steigen, beschäftigen wir uns mit Christbaumschmuck und Adventskränzen. Dies ist
besonders für unsere Geschäftskunden wichtig. Hochzeiten, ein ganz wichtiger Bereich der Floristik, werden aber das ganze Jahr über gefeiert. Besonders im Online-Bereich sehen wir immer wieder, dass sich Kunden nicht an den Jahreszeiten orientieren, sondern genau das kaufen, was sie gerade brauchen, egal ob Schnee fällt oder gerade die Gartensaison beginnt. Unsere Produktpalette ist deshalb breit und umfasst neben saisontypischen Artikeln auch Fachwerkzeug, Topfpflanzen, Trockenfloristik und Dekorationsprodukte. Diese können wir ganzjährig anbieten.
Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet, wie Amazon und andere große Blumenhändler, durch?
Meinen Mitarbeitern sage ich immer: Gegen die ganz Großen können wir uns nur mit Qualität und Liebe zum Detail behaupten. Unser Online-Geschäft ist eng mit der klassischen Tätigkeit im „grünen Gewerbe“ verbunden. Dort können wir auf beinahe 100 Jahre Erfahrung setzen und das spiegelt auch unser Online-Content wider. In der Tradition eines Familienunternehmens entstehen sämtliche Artikelbeschreibungen und Produktfotos in Eigenregie, produziert von einem hauseigenen Team aus Fotografen, Gestaltern und Redakteuren. Jedes Produkt wird von unserem Team genauestens in Augenschein genommen und liebevoll präsentiert. Wir produzieren hochwertige Foto- wie Videoaufnahmen und beschreiben unsere Produkte detailliert, damit sich die Kunden vor dem Kauf ein genaues Bild machen können. Dies stärkt die Kundenbindung und trägt zu einer Verringerung des Rücklaufes bei. Natürlich nimmt auch die Suchmaschinenoptimierung einen hohen Stellenwert ein. Unser Kundenservice sitzt in unmittelbarer Nähe zu den Produkten und kann so besonnen auf Anregungen wie Kritik eingehen.
Wie hat sich durch die zunehmende Digitalisierung Ihrer Meinung nach der Blumenhandel in den letzten Jahren geändert?
Obwohl die Floristik ein traditionelles Handwerk ist, spielt die Digitalisierung auch hier eine immer größere Rolle. Als professionelle Partner von Floristen und Dekorateuren können wir das jeden Tag hautnah erleben. Während die Umsätze im herkömmlichen Abholmarkt gleich bleiben, nehmen sie im Online-Bereich kontinuierlich zu. In dieser Entwicklung steckt eine unglaubliche Dynamik. War unsere Reichweite bis vor wenigen Jahren noch auf die Region Leipzig beschränkt, erreichen wir mittlerweile Kunden in ganz Deutschland und darüber hinaus, zum Beispiel in Frankreich, Österreich oder der Schweiz. Für diese Länder haben wir jeweils eigene Online-Shops eingerichtet. Die Digitalisierung betrifft jedoch viel mehr als den reinen Umsatz. Im herkömmlichen Großmarkt müssen wir permanent Umbauarbeiten durchführen, um saisonale Produkte anbieten und präsentieren zu können. Dadurch entstehen erhebliche Kosten. Im Online-Bereich spielt das keine große Rolle. Hier können wir einen Großteil unserer Produkte ganzjährig verkaufen. Dadurch verschiebt sich der Fokus in Richtung Logistik, Versand und Shop-Software, inklusive Content.
Wie sieht die Zukunft für Ihr Geschäft aus?
Wir sind neugierig auf die Veränderungen, die die Digitalisierung in unserer Branche mit sich bringen wird, und zuversichtlich, dass die rasanten Umsatzzuwächse im Online-Geschäft bestehen bleiben werden. Innerhalb des Unternehmens wird es immer stärker darum gehen, diese Transformation zu gestalten und die Möglichkeiten der Digitalisierung selbstbewusst zu nutzen. Die Floristik ist ein wunderbares Handwerk voller Kreativität und Leidenschaft. Genau so wollen wir auch die Herausforderungen der Zukunft angehen!
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