Vor einigen Wochen sorgte die DHL mit ihrem Paketkasten für großes Aufsehen. Die DHL will mit der „größten Erfindung seit dem Briefkasten“ die Logistik-Welt revolutionieren. Von der Konkurrenz hagelte es Kritik, schließlich können nur DHL Boten den Paketkasten nutzen. Die Firma Knobloch bietet ein offenes Paketbriefkasten-System namens PAKNO an, in dem jeder Lieferdienst ein Paket deponieren kann. Thomas Kolbe, Geschäftsführer von Knobloch, hat uns im Interview einige Fragen zu PAKNO beantwortet.
Onlinehändler-News.de: Die DHL hat kürzlich den Paketkasten deutschlandweit eingeführt. Worin unterscheidet sich Ihr System von dem Paketkasten der Deutschen Post?
Thomas Kolbe: Es gibt zwei entscheidende Unterschiede. Zum einen kann bei PAKNO jeder Zustelldienst zustellen. Dazu sind keine Vorkenntnisse, keine Freischaltung oder Anmeldung nötig. Wichtig ist allein der Zugang zur Paketfachanlage selbst, wie das heute schon bei Briefkastenanlagen der Fall ist. Zum anderen funktioniert PAKNO auch für Mehrfamilienhäuser und für Mehrfachzustellungen, es ist modular aufgebaut, das heißt ein Nutzer kann keins, eins oder mehrere Paketfächer flexibel verwenden.
Es sind zustellerseitig keine weiteren technischen Hilfsmittel wie Schlüssel, Transponder oder Ähnliches notwendig. Nutzerseitig ist nur die Investition in die Paketfachanlage und eine Ersteinrichtung der Software nötig.
Arbeiten Sie mit allen Logistikunternehmen, die PAKNO nutzen können, zusammen?
Wir haben die Lösung auf Messen und vereinzelt auch Logistikunternehmen vorgestellt. Insofern stehen wir noch am Beginn der Zusammenarbeit. Das Thema wird jetzt ja von allen Seiten befeuert, sodass sich die Gespräche jetzt auch intensivieren.
Müssen Sie die Zustelldienste persönlich in die Bedienung der Paketbriefkästen einweisen?
Nein. Es wird eine allgemein verständliche Bedienungsanleitung mit Piktogrammen an der Paketfachanlage angebracht. Die Menüführung ist zudem auch mehrsprachig möglich, das heißt der Zusteller kann die gewünschte Sprache am Touchpanel auswählen und wird dann zusätzlich zu den Piktogrammen intuitiv durch den Zustellprozess geführt. Wer heute mit einem Mobiltelefon umgehen kann, hat keine Probleme.
Sie bieten die Option an, dass der Öffnungscode des Paketbriefkastens per SMS an den Empfänger geschickt wird. Wie erfährt der Zusteller, dass der Empfänger diese Option eingerichtet hat? Sind die Daten der Empfänger zentral bei Ihnen oder in dem jeweiligen PAKNO gespeichert?
Die Möglichkeit der Übertragung des Codes per SMS wird über die Steuerung und einer SIM-Karte in der Briefkastenanlage gesteuert. Sobald der Zusteller das Paket eingelegt und die Türe geschlossen hat, wird die SMS automatisch versendet. Diese Info wird im Display angezeigt („der Code wurde dem Empfänger per SMS übermittelt“). Die Daten liegen nicht bei uns, sondern werden bei der Ersteinrichtung vor Ort nur in der Paketfachanlage eingegeben. Insofern ist hier für Datensicherheit gesorgt und Missbrauch ausgeschlossen. Sinnvollerweise wird der Hausmeister oder Verwalter in die Einrichtung des PAKNO eingewiesen, sodass sich ändernde Daten selbständig vor Ort eingepflegt werden können.
Was geschieht mit den Daten des Empfängers im Falle eines Umzugs?
Der Empfänger wird in dem Falle einfach direkt in der Paktefachanlage über ein einfaches Menü von der Steuerung gelöscht, das übernimmt in der Regel eine berechtigte Person (Hausmeister, Hausverwaltung etc.).
Sie haben neben der elektronischen Version auch das Paketschloss-Set im Angebot, bei dem der Paketkasten über ein herkömmliches Schloss verschlossen wird. Damit die Sendung dort abgelegt werden kann, muss der Paketkasten unverschlossen sein. Wie wird sichergestellt, dass nicht Dritte den Paketkasten verriegeln, bevor der Paketbote das Haus erreicht?
Gegen mutwillige Manipulation ist leider niemand gesichert. Da der Kasten für eine Zustellung offen sein muss, ist theoretisch auch Missbrauch möglich. Wobei hier nur der leere Kasten unverschlossen ist, das heißt der Missbrauch beschränkt sich darauf, die Zustellung zu verhindern. Der große Vorteil dieses Systems ist der günstige Preis. Dieses System ist zudem schon viele Jahre auf dem Markt und es gibt keine Reklamationen von Nutzern über Zustell- oder Missbrauchsprobleme.
Gibt es unterschiedliche Einsatzbereiche für PAKNO und das Paketschloss-Set?
PAKNO ist eigentlich für das Mehrfamilienhaus konzipiert, kann aber auch bei für einen Einzelnutzer verwendet werden. Es ist die perfekte Lösung, die auch ihren Preis hat.
Das Paketschloss-Set ist quasi der preiswerte Einstieg in das Thema und wird aktuell vorrangig im Einfamilienhausbereich eingesetzt. Wir haben damit aber auch schon mehrteilige Anlagen ausgestattet.
Kann auch ein Mieter den Paketbriefkasten beantragen oder werden die Anlagen nur auf Wunsch des Vermieters installiert?
Da PAKNO vorrangig für das Mehrfamilienhaus gedacht ist, liegt die Entscheidung beim Besitzer bzw. der Hausverwaltung. Trotzdem kann der Mieter seinen Vermieter auf PAKNO hinweisen, unter Umständen kennt dieser diese Möglichkeit der Paketzustellung noch nicht.
Wie gut wird PAKNO bisher angenommen?
Wir haben in der kurzen Zeit, seitdem PAKNO auf dem Markt ist, schon die ersten Anlagen verkauft. Seit einigen Wochen ist das Thema Paketzustellung in den Medien hoch angebunden, seitdem verspüren wir eine erhöhte Nachfrage.
Über Thomas Kolbe
Thomas Kolbe ist Geschäftsführer der Max Knobloch Nachf. GmbH. Das bis heute familiengeführte Unternehmen wurde 1869 auf dem noch immer bestehenden Firmengelände in Döbeln gegründet. Nach der Verstaatlichung und Enteignung des Unternehmens in der DDR konnte es nach der Wende 1990 reprivatisiert werden.
Derzeit beschäftigt die als Blechklempnerei gegründete Firma Knobloch rund 120 Mitarbeiter und hat sich auf die Fertigung von Briefkästen, die seit der Firmengründung produziert werden, und Zubehör rund um die Haustür spezialisiert.
Kommentar schreiben