Wie geht es dem Online-Handel? Nach aktuellen Ergebnissen des EHI Retail Institutes für das Geschäftsjahr 2013 ist der Boom des E-Commerce offenbar vorbei. Vor drei Monaten will der bevh sogar einen Umsatzrückgang für das zweite Quartal 2014 verzeichnet haben. Steckt die Branche in einer Krise?

Mann mit Fragezeichen 

(Bildquelle Frage: Ollyy via Shutterstock)

Anfang des Jahres beschloss Michael Kroker von der WirtschaftsWoche, dass die Party in Berlin vorbei sei – gemeint war die StartUp-Szene, die sehr kritisch auf diesen Beitrag reagierte. Nun sieht es mitunter so aus also sei die Party in ganz Deutschland vorbei – gemeint ist die gesamte E-Commerce-Branche, die nach aktuellen Zahlen offenbar schwächelt. Das EHI Retail Institute legt nun ernüchternde Zahlen vor. Diese zeigen, dass das E-Commerce-Wachstum im Jahr 2013 deutlich abflachte. Die 100 größten E-Commerce-Händler in Deutschland erwirtschafteten demnach einen Umsatz von 19,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr – eine Steigerung von knapp 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nimmt man den Marktführer Amazon aus der Rechnung heraus, liegt sogar nur eine Steigerung von 2,8 Prozent vor - ein Wachstum im einstelligen Bereich.

Zahlen des bevh zeigen Umsatzrückgang

Der bevh führte vor einigen Monaten Zahlen an, die sogar zeigen sollten, dass die Branche im zweiten Quartal 2014 einen Umsatzrückgang einstecken musste. Bis zu 44 Prozent brachen die Umsätze in den einzelnen Produktkategorien ein – eine Auswirkung der Fußball-WM, hieß es zu den Zahlen. Ist der E-Commerce-Boom damit vorbei?

Dass die Ergebnisse des bevh aber mit Vorsicht zu genießen sind, erklärte Julia Ptock in ihrer Kolumne. Die Erhebungsmethode des Verbandes, die ausschließlich auf Verbraucherbefragungen basiert, sorge für eine niedrige Genauigkeit. Zudem sei die Erhebung auch nicht objektiv. Auffällig ist vor allem die Differenz zwischen den bevh-Zahlen und anderen Erhebungen, zum Beispiel durch das Statistische Bundesamt.

Krise trotz gutem Geschäftsklima?

Gesättigt scheint der Markt auf den ersten Blick noch nicht: Der Anteil des E-Commerce am Einzelhandelsumsatz in Deutschland lag 2013 bei gut elf Prozent. Die Branche, der oft prophezeit wird, stationäre Geschäfte und Innenstädte auszulöschen, hat also noch gewaltig Luft nach oben. Betrachtet man das Geschäftsklima im Frühjahr 2014, ist auch noch kein Verdruss in Sicht: Die Investitionsbereitschaft der Online-Händler übertrifft den Bundesdurchschnitt, die Retourenquote sinkt, das Klima ist auf Rekordhoch.

Anteil E-Commerce am Einzelhandel

Kriselt die E-Commerce-Branche also trotz eines derart positiven Geschäftsklimas? Wohl kaum. Glaubt man den Zahlen des EHI Retail Institutes, ist dem Wachstum auch noch kein Abbruch getan. Dass es aber nicht mehr so steil wie zuvor nach oben geht, deutet zwar auf ein Ende des Booms hin, liegt gewissermaßen aber auch in der Natur der Sache. Der Markt bewegt sich zumindest an einem Punkt doch in Richtung Sättigung. Dass es der E-Commerce-Branche aber selbst an diesem Punkt, der vermutlich noch lange nicht erreicht ist, schlecht gehen wird, ist unwahrscheinlich.

Es bleibt dennoch zu bedenken, dass sich das Bild der Gesamtbranche kaum auf jeden einzelnen Händler eins zu eins übertragen lässt. Einige Händler - Amazon ist hier ein opulentes Beispiel - bekommen ein größeres Stück vom E-Commerce-Kuchen ab als andere. In dem inzwischen dicht gedrängten Markt ist der Konkurrenzkampf unterdessen härter geworden: Um sich aus der Masse der vielen Anbieter abzuheben, muss man ein besonderes Angebot schaffen. Die Zeiten, in denen man dadurch besonders war, weil man online verkauft, sind zweifellos vorbei.