Im vergangenen Bundestagswahlkampf war es einer der zentralsten Wünsche aus der Wirtschaft: weniger Bürokratie. Denn die zahlreichen Dokumentations- und Informationspflichten sowie die Umsetzung etwa von Datenschutz-, Arbeitsrechts-, Umwelt- oder technischen Bestimmungen kosten Zeit und Ressourcen. Wie stark das vor allem die hiesigen rund 3,8 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen trifft, hat die Förderbank KfW ermittelt: Etwa sieben Prozent ihrer Arbeitszeit verwenden die Unternehmen für derlei bürokratische Prozesse. Im Schnitt seien dies 32 Stunden pro Monat bzw. 1,5 Milliarden Arbeitsstunden im Jahr.

Den höchsten Aufwand haben mit im Durchschnitt 8,7 Prozent ihrer Arbeitszeit Solo-Selbstständige. Die am stärksten belastete Branche (8,1 Prozent der Arbeitszeit) ist das Baugewerbe.

Aufwand entsteht nicht nur materiell

An der aktuellen Befragung nahmen etwa 10.000 Unternehmen teil. Gefragt wurde dabei nach der konkreten Anzahl an Arbeitsstunden, die für Aufgaben wie das Anfertigen von Berichten, dem Ausfüllen von Formularen etwa an Steuer- und Sozialversicherungsbehörden oder für die Befolgung verschiedener rechtlicher Vorgaben benötigt werden. Prozesse, die sich schwerlich in Arbeitsstunden erfassen lassen, wurden indes nicht erhoben. Denn oft gehen langwierige Planungs- und Genehmigungsphasen der Erfüllung bürokratischer Aufgaben voraus. Auch eine schlechte Erreichbarkeit oder die fehlende Digitalisierung bei Behörden hemmt Prozesse, ebenso wie die mitunter ungenaue oder strittige Auslegungen einzelner Vorschriften.

„Speziell diese psychologischen Kosten im Umgang mit Bürokratie nehmen bei vielen Unternehmen aber eine tragende Rolle ein. Diese sind allerdings nicht messbar. Klar ist: Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen ist der Faktor Bürokratie das mit Abstand größte Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit und den Standort Deutschland“, mahnt KfW-Mittelstandsexperte Dr. Michael Schwartz.

Hohe Kostenbelastung im Mittelstand

Laut Statistischem Bundesamt betragen die Kosten für eine Arbeitsstunde hierzulande 41,30 Euro. Legt man diesen Wert zugrunde, haben Unternehmen im vergangenen Jahr für bürokratische Prozesse rund 61 Milliarden Euro ausgegeben. Dieser Arbeitsaufwand entspreche laut KfW rund 3,9 Prozent der jährlichen Personalkosten mittelständischer Unternehmen.

Gesetzliche Vorgaben und deren Umsetzung in Unternehmen sind aber nicht per se schlecht: „Der Begriff Bürokratie ist sehr negativ besetzt. Dabei ist Bürokratie grundsätzlich eine wesentliche Grundlage unseres Wirtschaftssystems. Standardisierte und formalisierte Verfahren sind Voraussetzung für regelgebundenes Handeln, das Rechtssicherheit und einen fairen Wettbewerb ermöglicht“, gibt Schwartz zu bedenken. „Mit zunehmender Bürokratie steigt jedoch das Risiko, dass die Kosten den Nutzen übersteigen. Der Abbau von Bürokratie ist daher aus Sicht des Mittelstands derzeit das drängendste wirtschaftspolitische Thema.“ Derzeit agiert ein Großteil – 58 Prozent – der kleinen und mittelständischen Betriebe bereits am finanziellen Limit, wie eine weitere KfW-Erhebung zeigt. Der größte Kostenfaktor sind Löhne und Gehälter.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com