Hier produzieren die großen Marken angeblich
Der Umstand, dass internationale Marken in asiatischen Ländern produzieren lassen, ist in vielen Fällen kein Geheimnis. Doch insbesondere Luxusmarken beharren oft auf ihren Produktionsstandorten in den USA oder Europa. Glaubt man den unzähligen Videos, die gerade TikTok fluten, sind all dies Lügen, denn hier werden die konkreten Fabriken von Marken wie Louis Vuitton, Lululemon, Nike, Adidas und Co. identifiziert.
Die Videos wirken dabei alle gleich: Eine Person steht in einem Fabrikgebäude, mutmaßlich in China, und erklärt unter Einblendung diverser Fotos der Marke, dass diese von hier kommt. Oft werden dabei Preise deutlich unter denen der Marke genannt, für welche man identische Produkte, nur ohne Markenlabel, direkt ab Fabrik erwerben könne.
Bei den Bezugsquellen, die in vielen der Videos genannt werden, handelt es sich in vielen Fällen um Großhandelsplattformen wie Alibaba oder 1668.com – teilweise werden aber auch Verbraucherplattformen wie Taobao oder Shoppee benannt.
Marken wehren sich
Das britische Magazin The Independent ging der Sache auf den Grund. So gab eine Sprecherin von Lululemon an, dass lediglich rund drei Prozent der Gesamtproduktion in China stattfinde. Das Unternehmen veröffentlicht dabei jedes Jahr eine Übersicht mit aktuellen Zulieferern. Die in einem TikTok genannten chinesischen Fabriken Xiang Long Clothing und Hung Qisun Clothing tauchen in der letzten verfügbaren Lieferanten-Übersicht aus dem April 2024 nicht auf.

Ein Blick auf die Produkte, die man beispielsweise auf Shoppee unter dem Suchbegriff Lululemon findet, zeigt zudem eine eher fragwürdige Nutzung des Logos, die stark den Einsatz von Bildbearbeitung anstatt eines tatsächlich auf dem Produkt applizierten Logos nahelegt.
Wie Luxusmarkenexperte Conrad Quilty-Harper gegenüber dem Independent betont, scheinen die TikToks vor allem die Grenzen zwischen Fälschungen und Originalen verwaschen zu wollen. Ob es sich um tatsächliche Produktionsstätten handelt, lässt sich ohne konkrete Untersuchungen nicht belegen. Was die Videos aber erreichen, ist, dass viele US-Konsument:innen, die jetzt besonders auf den Preis schauen, ihre Optionen in China erwägen.
Hilft TikTok, US-Zölle zu umgehen?
Die Echtheit der Produkte dahingestellt, stellt sich weiterhin jedoch die Frage: Wie soll die US-Kundschaft denn nun angeblich Zölle umgehen können? Denn konkrete Antworten liefern die wenigsten Videos. In vielen Fällen verweisen Creator:innen auf WhatsApp-Kontakte oder Excel-Sheets, welche genauere Anleitungen bieten sollen.
Vielen der genannten Seiten liefern zudem gar nicht direkt in die USA oder nach Europa. Hier sollen Zusatzdienste helfen, die den Kauf und Weiterversand übernehmen. Für viele Verbraucher:innenist das, trotz der großen Einsparungen, schlicht zu viel Aufwand. Zudem würden theoretisch bei korrekter Deklarierung der Pakete aus China dennoch Zollgebühren anfallen. Genau genommen handelt es sich bei den gebotenen Tipps also um Aufforderungen zum Zollbetrug.
Es scheint, als wäre das Anliegen der TikTok-Konten vor allem, US-Amerikaner:innen zu foppen. Die Botschaft: Wir sind der Ursprung eurer Waren, ohne uns seid ihr aufgeschmissen. Das untermauern auch verschiedene KI-generierte Videos, welche zuletzt kursierten. In diesen sieht man stereotype US-Bürger beim Versuch, in einer großen Fabrik zu arbeiten.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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