Stiftung Warentest bewertet Temu mit „gut“ – doch ist es das dadurch?

Veröffentlicht: 04.03.2025
imgAktualisierung: 04.03.2025
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 3 Min.
04.03.2025
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ca. 3 Min.
Temu Logo auf Laptop-Display
MamunSheikh / Depositphotos.com
Hat Temu jetzt Amazon eingeholt? Den Eindruck vermittelt eine aktuelle Analyse von Stiftung Warentest.


Die Verbraucherschutzorganisation Stiftung Warentest analysierte sieben Schnäppchen-Plattformen. Im Gesamtergebnis kommt Temu neben Amazon am besten weg. Ein Blick auf die Prüfkriterien zeigt dabei jedoch, dass hier vor allem formelle Aspekte positiv bewertet werden. In Sachen Produktqualität reiht sich der Marktplatz doch eher bei seinen Wettbewerbern ein. Das Thema Nachhaltigkeit wurde im Test zudem nur marginal berücksichtigt.

Temu übertrumpft Amazon in Sachen AGB

Ist Temu mittlerweile mit dem einstigen Platzhirsch Amazon gleich auf? Diesen Eindruck scheint der neue Test von Stiftung Warentest zu vermitteln. Schließlich schneidet Temu in mindestens zwei Kategorien gleich gut und in einer Kategorie sogar besser ab als Amazon. Die Rücksendung wird auf beiden Marktplätzen mit „sehr gut“ eingestuft, ebenso scheint das Datensendeverhalten beider Apps mit „sehr gut“ bis „gut“ ähnlich positiv bewertet zu sein.

Punkten konnte Temu sogar mit seinen Geschäftsbedingungen. Die Verbraucherschutzorganisation beauftragte hierbei Jurist:innen, die AGB der jeweiligen Plattformen nach Verstößen gegen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zu untersuchen. Die gefundenen Mängel wurden im Falle von Amazon als „deutlich“ kategorisiert. Temus AGB wiesen dagegen lediglich „sehr geringe“ Mängel auf.

In einer Pressemitteilung von Temu wird das Auswertungsergebnis durchaus als Gewinn eingestuft. In dieser heißt es: „Stiftung Warentest kam zu dem Ergebnis: Die bei Temu gekauften Produkte hätten sich als ‚brauchbar‘ erwiesen und ‚entsprachen der Beschreibung‘.“ Diskutabel wäre aber, ob „brauchbar“ jetzt als neuer Maßstab angelegt werden sollte.

Gravierende Produktmängel auf allen Plattformen

Beim Bestellen von Elektronikprodukten aus Nicht-EU-Ländern sollte man stets wachsam sein. Das ist keine neue Devise. Schließlich gibt es innerhalb der EU zahlreiche Regularien, die vor allem der Sicherheit von Verbraucher:innen dienen. Ein fehlendes CE-Zeichen ist dabei noch der geringste Kritikpunkt, welcher unter anderem beim Haartrockner vom Marktplatz Banggood festgestellt wurde.

Die vorhandenen Mängel müssen dabei nicht immer eine akute Gefahr für Leib und Leben mit sich bringen. Bei vielen der getesteten Powerbanks wurde schlicht eine deutlich geringere Leistung als versprochen festgestellt. Im Falle einer Powerbank von AliExpress gab es hierfür einen besonders skurrilen Grund: Statt einer Akkuzelle war hier ein Block einer unbekannten grauen Masse verbaut.

Produktqualität ist wichtiger als Versandwege

Wenn eine Stiftung Warentest also mit „brauchbar“ urteilt, heißt das letztlich nicht viel mehr, als dass die Waren gerade so die Mindeststandards erfüllten. Bei der Powerbank von Temu wurden beispielsweise lediglich unklare Sicherheitshinweise kritisiert. Beim Haartrockner von Temu verursachte der Falltest aus einem Meter Höhe einen kleinen Schaden, der sich jedoch beheben ließ. Beim Temu-Ladegerät gab es keine besonderen Auffälligkeiten.

Sind diese Produkte deswegen gut? Vermutlich eher nicht. Wenn ein Produkt gerade so seinen geplanten Zweck erfüllt, ohne direkt Elektroschrott zu sein, ist das schließlich weit entfernt von gut. In einem Kurzinterview befragte Stiftung Warentest Lisa Frien-Kossolobow vom Umweltbundesamt zum Umweltaspekt: „Wie ein Produkt hergestellt wird, hat viel mehr Auswirkungen auf die Umwelt als die Lieferung. Darum ist es so wichtig, dass wir möglichst hochwertige Produkte kaufen, die lange genutzt werden können – und die möglichst umweltfreundlich hergestellt werden.“

Das hat Stiftung Warentest untersucht

Im Test untersuchte Stiftung Warentest die folgenden sieben Online-Marktplätze: Amazon, Ebay, Temu, AliExpress, Wish, Fruugo und Banggood. Pro Marktplatz wurden im Zeitraum Juni 2024 bis Januar 2025 insgesamt 15 Produkte bestellt. Dabei handelte es sich um technische Geräte der Kategorien Powerbanks, Ladegeräte sowie Haartrockner.

Bewertet wurden sowohl die Serviceaspekte wie Produktbeschreibung, Datenschutz, AGB, Bestellprozess und Retourenabwicklung – als auch die Produkte selbst. Da es sich um Marktplätze handelt, ist die Aussagekraft der Gesamtbewertung zusätzlich fragwürdig. Schließlich kommen die Produkte von willkürlich gewählten Shops ohne konkreten Bezug zur verkaufenden Plattform.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 04.03.2025
img Letzte Aktualisierung: 04.03.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

KOMMENTARE
1 Kommentare
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ralf
05.03.2025

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Ja, was wurde immer so über Temu behauptet. Aber mal ehrlich, wo ist der Beweis. Ich habe immer über Temu gelesen, dass dort unsicherere Produkte verkauft werden, aber nie wurde es konkret. Jetzt stellt sich heraus, das bei Temu die Produkte weder sicherer noch unsicherer sind als bei den anderen Plattformen wie Amazon und Ebay. Es hätte mich auch gewundert, da doch die selben Firmen über alle Plattformen letztendlich verkaufen. Temu China Händler und Hersteller sind ja nicht extra für Temu vom Himmel gefallen und verkaufen nur bei Temu. Das ist auch der Grund warum Temu bei den Verbrauchern so beliebt ist. Man bekommt die selben Produkte wie anderswo, nur halt billiger. Zumindest Teilweise. Aber es darf nicht war sein, was nicht war sein darf und da muss man jetzt sogar Stiftung Warentest in Frage stellen, weil deren Ergebnis nicht der Meinung derer ist, die die ganze Zeit Temu kritisieren.