Podiumsdiskussion FairCommerce: Die Politik muss mehr auf die Praxis hören

Veröffentlicht: 27.11.2015 | Geschrieben von: Nadja Naumann | Letzte Aktualisierung: 27.11.2015

Abmahnmissbrauch, Vertriebsbeschränkungen und Plattformverbote sowie gesetzliche Beschränkungen erschweren vor allem den kleinen Online-Händlern das Leben in Deutschland. Genau diese Probleme wurden am 26.11.2015 in Berlin auf der Podiumsdiskussion mit dem Titel „#FairCommerce – gemeinsam für einen fairen Wettbewerb“ diskutiert.

Podiumsdiskussion FairCommerce
© Händlerbund

FairCommerce schließt Abmahnungen nicht aus

Im Zentrum der Diskussion stand die Zusammenarbeit zwischen Politik und E-Commerce. Dabei waren sich alle Teilnehmer einig, dass man gemeinsam etwas gegen Abmahnmissbrauch, Vertriebsbeschränkungen und Co. tun muss. Vor allem Andreas Arlt, Bundesvorsitzender des Händlerbundes, betonte immer wieder, dass Abmahnungen an sich ein sinnvolles Instrument seien, doch der Missbrauch damit inzwischen zugenommen hat.

An dieser Stelle sei die Politik gefragt. Andreas Arlt forderte daher auf, stärker auf die Praxis zu hören. In Bezug auf die Massenabmahnungen soll dazu der fliegende Gerichtsstand beseitigt und stattdessen der Sitz des Antragsgegners als Gerichtsstand festgesetzt werden. Dadurch würde der Abmahner gezwungen, gerichtliche Auseinandersetzungen immer vor dem gleichen Gericht auszutragen, was Rechtsmissbräuchlichkeit schneller erkennbar machen würde.

Die Initiative „FairCommerce“ des Händlerbundes unterstützt zudem seit Juli 2015 mit inzwischen über 20.000 Teilnehmern den Ansatz, sich für die Klärung von Verstößen zunächst ohne Abmahnung, sondern in Form direkter Kommunikation einzusetzen.  Laut Hagen Meischner von PrestaShop sei die Arbeit solcher Initiativen auch für ausländische Händler wichtig, denn diese fürchteten den Eintritt in den deutschen Markt, da die Angst vor Abmahnungen ständig präsent sei.

Eine weitere Problematik sieht Philipp Lück von Modomoto jedoch auch im Kundenverhalten. Dies sei nicht immer fair, gehöre aber zum FairCommerce ebenso dazu. Regelmäßig spielten Kunden jedoch rechtliche Leitlinien, wie zum Beispiel die Retourenverordnung, gegen Unternehmen aus.

Vertriebsbeschränkungen verlangen nach härteren Strafen

Ein weiteres stark diskutiertes Thema in Sachen „FairCommerce“ sind die Vertriebsbeschränkungen im Online-Handel. Wie Birgit Krueger vom Bundeskartellamt bestätigen konnte, habe man sich in diesem Jahr viel damit auseinandergesetzt. Auch das Marktplatzverbot werde aktuell stark diskutiert. Hersteller könnten zwar Qualitätsanforderungen an Händler stellen, doch die Zeiten, in denen Amazon und Ebay als eine Art „Flohmarkt“ galten, auf denen „Ramsch“ verkauft wird, wären längst vorbei und per-se-Verbote seien daher „von gestern“.

Doch auch der Handel auf Ebay an sich stelle laut Philipp Lück hohe Anforderungen an die Händler. Diese müssen Marken dort besonders gut platzieren, erhalten jedoch teilweise einfach kein Material von den Herstellern. So würden Beschränkungen „durch die Hintertür“ durchgesetzt. Auch Andreas Arlt bestätigt: Das Preisdiktat ist eine gängige Praxis und wer sich nicht anpasst, wird nicht mehr beliefert. Das Kartellamt könne zwar nach Meldung solcher Vorfälle mit entsprechenden Beweisen dagegen vorgehen, doch oft fehlten vor allem kleineren Händlern die Ressourcen. 

Auch Angst ist beim Thema Vertriebsbeschränkungen ein großes Thema - trotz Verbandsklagerecht. Angst davor, alles offen zu legen und aus dem Markt geworfen zu werden. Daher seien Andreas Arlt zufolge strengere Regelungen, schnellere Entscheidungen und härtere Strafen vom Gesetzgeber notwendig. Jedoch müsse dabei vor allem auf die Praktiker und deren Erfahrungen gehört und diese einbezogen werden.  

Politik und E-Commerce müssen stärker zusammenarbeiten

Am Ende der Podiumsdiskussion wurde klar, dass noch viel Arbeit vor Politik und Online-Handel liegt. Doch Thomas Jarzombek von der CDU/CSU versprach, sich stärker mit den Möglichkeiten für die Politik zu beschäftigen, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellamt wird angestrebt. 

Die Initiative FairCommerce bietet einen Schritt in die richtige Richtung, doch wurde auch klar, dass FairCommerce über das Verhältnis zwischen Online-Händlern hinaus geht. Auch Kunden und Markenhersteller müssen für das Thema sensibilisiert werden - möglichst auch durch klare Regelungen in der Rechtslage. Nur so kann ein rundum fairer Wettbewerb garantiert werden.

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.