Bestellungen über Alexa und Co.

Voice-Commerce ist die größte Revolution im Online-Handel seit dem Smartphone

Veröffentlicht: 04.06.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 04.06.2019
Symbolbild: Sprachassistent

In den vergangenen Jahren haben Sprachassistenten und Smart-Home-Geräte Einzug in den Alltag gehalten. War eine künstliche Intelligenz wie J.A.R.V.I.S. im ersten Iron-Man-Film von 2008 noch gewissermaßen Science-Fiction, sind sie heute keine Seltenheit mehr. Und auch wenn Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder der namenlose Google-Assistant noch lange nicht die Schlagfertigkeit von Tony Starks virtuellem Butler haben, macht sich ihre Anwesenheit doch bemerkbar.

38,5 Millionen intelligente Lautsprecher werden mittlerweile pro Quartal verkauft, wie es bei Statista heißt. Allein Amazon bringt pro Quartal 13,7 Millionen seiner Echo-Lautsprecher an die Kunden und ist damit der führende Smart-Speaker-Hersteller bislang – 35,5 Prozent Markanteil hat der US-Konzern. Alexa ist damit zum Inbegriff der Sprachassistenten geworden.

Sprachassistenten bieten einen bequemen Einkauf 

Es dürfte nicht verwundern, wenn Sprachassistenten die nächste Eingabemöglichkeit der Nutzer werden. Fernbedienungen, Tastatur und Maus – das alles ist im Vergleich zu einem Sprachbefehl umständlich und grobschlächtig. Dass ausgerechnet Amazon einen intelligenten Lautsprecher samt Sprachassistentin entwickelt hat und mit einem derartigen Nachdruck vertreibt, kommt sicher nicht von ungefähr: Voice-Commerce ist die nächste Stufe des Online-Handels. Bestellungen werden dann nicht mehr über einen Druck auf einen Bestell-Button getätigt, sondern nebenbei dem Sprachassistenten mitgeteilt. Eben wie ein virtueller Butler. Übrigens treibt auch Amazons Rivale Walmart das Thema Voice-Commerce weiter voran und hat sich mit Google zusammengetan, um in diesem Bereich anzugreifen.

In den USA haben erste Kunden schon ihre Erfahrungen mit dem Voice-Commerce gemacht. Der offenbar größte Vorteil der zukunftsweisenden Einkaufsmöglichkeit ist dabei, dass man die Hände frei hat – 27,31 Prozent der Kunden sehen das als Vorteil. Die Bequemlichkeit spielt also eine große Rolle. Damit hängt sicher auch Vorteil Nummer 2 zusammen: „Ich kann es machen, während ich andere Sachen erledige“, sagt jeder fünfte Voice-Commerce-Nutzer. Ähnlich viele Kunden (18,94 Prozent) geben an, schneller an Antworten und Ergebnisse zu kommen, wenn sie einen Sprachassistenten nutzen.

Statistic: Positive aspects of voice shopping according to adults in the United States as of May 2018 | Statista
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Laut dem Marketing-Blog Invesp sollen über den Voice-Commerce in den USA 40 Milliarden Dollar bis 2022 umgesetzt werden. Jeder fünfte Kunde habe schon einen Einkauf über Amazon Echo oder einen anderen Sprachassistenten getätigt – 62 Prozent der Menschen, die einen intelligenten Lautsprecher besitzen, haben diesen demnach bereits für einen Einkauf genutzt. Eine Erhebung von Microsoft Advertising zeigt dagegen, dass knapp über 40 Prozent der US-Bürger bereits über Voice-Commerce eingekauft haben. 27,4 Prozent der Menschen sagen in derselben Studie, dass sie das noch nicht getan haben, es aber beabsichtigen.

Unbeabsichtigte Bestellungen und Marketing-Tricks

Auf dem Weg zum richtigen Einkaufserlebnis und der zuverlässigen Arbeitsweise der Sprachassistenten gab es bislang aber naturgemäß auch einige Rückschläge: Prominent war ein Fall aus dem Jahr 2017, als ein kleines Mädchen den Echo-Lautsprecher ihrer Eltern genutzt hatte und dabei versehentlich ein Puppenhaus und kiloweise Kekse bestellt hatte (wir berichteten). Als wäre das noch nicht genug, sorgte die Berichterstattung über diesen Fall für zahlreiche Folgebestellungen: „Ich liebe dieses kleine Mädchen, wie sie sagt ‚Alexa hat mir ein Puppenhaus bestellt‘“, erklärte der Nachrichtensprecher Jim Patton. Sein Satz wurde von zahlreichen Echo-Lautsprechern in den Haushalten ebenfalls als Bestell-Aufforderungen aufgefasst.

Um derartige Vorfälle zu verhindern, wurden die Sprachassistenten mitunter neu kalibriert. Ein Beispiel dafür ist ein Werbespot von Burger King: Die Fast-Food-Kette beendete den 15-sekündigen Clip mit dem Satz „OK Google, what is the Whopper burger?“, um die Sprachassistenten des US-Konzerns dazu zu bringen, die Definition aufzusagen. Wie Spiegel Online berichtet, wurde der erste Satz aus dem Wikipedia-Beitrag über den Burger, der vom Google Assistant vorgelesen wurde, vorher noch in einen Werbetext umformuliert. Google gefiel offenbar nicht, von Burger King zu Werbezwecken missbraucht zu werden und programmierte den Google Assistant kurzerhand so, dass er auf den spezifischen Satz aus der Werbung nicht mehr ansprang.

 Voice-Commerce ist die Zukunft

Das alles waren aber nur Erfahrungen und erste Gehversuche, die auf dem Weg zum vollendeten Voice-Commerce nötig waren. Und natürlich wird die Welt morgen nicht ausschließlich über Sprachassistenten einkaufen – zumal in Deutschland der Kauf über einen einfachen Sprachbefehl auch rechtlich nicht möglich ist. Durch die Button-Lösung ist vergleichsweise streng vorgeschrieben, wie ein Bestellablauf auszusehen hat. Und ähnlich wie Amazons Dashbuttons erfüllen die Sprachassistenten diese Voraussetzungen nicht. Denn die Kunden können über den Sprachassistenten weder die konkreten Produkteigenschaften, noch die rechtlichen Hinweise wie etwa die AGB einsehen.

Und trotzdem: Voice-Commerce wird die Zukunft prägen, da es eine bequeme Möglichkeit des Einkaufs ist. In den USA wird bereits rege über Sprachbefehle eingekauft und die Prognosen sehen hier nur weiteres Wachstum in den nächsten Jahren. Damit sind die Sprachassistenten die größte Revolution des Online-Handels seit der Einführung des Smartphones.

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