„Höchste Zeit“

Experten-Bündnis fordert eigene europäische Digital-Infrastruktur

Veröffentlicht: 14.07.2020 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 14.07.2020
Europäische Union Flagge

Ein breites Bündnis aus Wissenschaftlern, IT-Experten und Medienmanagern hält es für „höchste Zeit“, eine eigene digitale Infrastruktur in Europa aufzubauen. Das digitale Europa dürfe nicht abhängig sein von Internetriesen aus China und Europa. In einem Appel unter Führung des früheren SAP-Managers Henning Kagermann und des BR-Intendanten Ulrich Wilhelm heißt es, dass Europa die Hoheit über Daten erlangen müsse und dieses digitale Ökosystem Werten wie Offenheit und Vielfalt folgen müsse.

„Wir wollen digitale Souveränität stärken – also die Selbstbestimmung Europas als Rechts- und Wertegemeinschaft und jedes einzelnen Nutzers“, wird Kagermann von Heise zitiert. Die Coronakrise zeige zwar die Bedeutung der Digitalisierung, aber auch die Abhängigheit von außereuropäischen Plattformbetreibern. In einem Grundsatzpapier fordert das Bündnis vor allem Deutschland und Frankreich aus größte EU-Vertreter zum Handeln auf – Gerade jetzt, wo Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat.

„Zeit, aufzuwachen“

Ohne staatliches Handeln gebe es keine Aussicht auf Erfolg, dafür sind die Anbieter aus den USA und aus China zu groß. „Ob Cloud-Systeme, Suchmaschinen, Kommunikationsdienste: Die digitale Welt ist in US-amerikanischer oder asiatischer Hand“, mahnt der Präsident der TU München, Thomas Hofmann, in der Süddeutschen Zeitung. Hofmann ist ebenfalls an der Initiative beteiligt. „Ich glaube, es ist dringend Zeit aufzuwachen, sonst verlieren wir in diesem Zukunftsspiel auch noch die zweite Halbzeit.“

BR-Intendant Ulrich Wilhelm zeigt sich optimistisch. Wenn man „jetzt kraftvoll handelt und eine ambitionierte Initiative startet“, dann könne ein öffentlicher digitaler Raum entstehen, der die identitätsstiftende Pluralität Europas sicherstelle. Wie teuer so eine Initiative werden würde, ist indes unklar. Die Experten gehen Wilhelm zufolge von einem niedrigen einstelligen Milliardenbetrag aus. „Gemessen an den Riesensummen, die jetzt zur Stabilisierung der Wirtschaft fließen, geht es hier um relativ kleine Beträge“, so Wilhelm gegenüber der dpa.

Konkurrenz zu bestehenden Initiativen wie Gaia-X – eine von Deutschland und Frankreich vorangetriebene Cloud- und Dateninfrastruktur – soll das Bündnis nicht sein. Vielmehr wolle man bestehende Konzepte und Initiativen bündeln und zu einem gesamteuropäischen Projekt ausbauen.

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