Kommentar

Ihr wisst doch, was Facebook mit euren Daten macht

Veröffentlicht: 27.08.2019 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 28.08.2019
Datenschutzbestimmungen zustimmen Facebook

Das Bundeskartellamt wollte unterbinden, dass Facebook weiterhin ohne Zustimmung des Nutzers große Mengen an Daten sammeln darf – auch, weil längst weitere Dienste wie Whatsapp und Instagram dem Konzern angehören sowie auch Daten von Webseiten abgegriffen werden, auf denen Facebook-Plugins eingebunden sind. Denn durch all diese Vorgänge werden viele Daten über einen Nutzer in einem einzigen Nutzerkonto zusammengeführt. Das Kartellamt setzte Facebook aus den genannten Gründen im Februar dieses Jahres eine zwölfmonatige Frist, in der das Unternehmen die geforderten Maßnahmen umsetzen könne.

OLG Düsseldorf zweifelt Kartellverfahren gänzlich an 

Der Social-Media-Konzern nahm dies aber nicht so hin und ging gerichtlich gegen den Vorstoß der Behörde vor – und bekam Recht: Das Oberlandesgericht Düsseldorf setzte die Umsetzungsfrist aus. Im Zuge dessen zweifelte das Gericht vor allem auch an der Frage, ob das Kartellamt überhaupt zuständig sei. „Selbst wenn die beanstandete Datenverarbeitung gegen Datenschutzbestimmungen verstoße, liege darin nicht zugleich ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht“, erklärte das OLG in einer Pressemitteilung zur Entscheidung

Ihr wisst was ihr tut – OLG erkennt keinen Kontrollverlust über Daten

Netzpolitik.org verweist in diesem Zusammenhang zusätzlich auf eine wichtige Passage in der Begründung des Beschlusses (PDF). Dort heißt es: „Die Hingabe der Mehrdaten führt zu keiner Ausbeutung der privaten Netzwerknutzer. Die streitbefangenen Daten sind – anders als ein entrichtetes Entgelt – ohne Weiteres duplizierbar, weshalb ihre Hingabe an Facebook den Verbraucher wirtschaftlich nicht schwächt.“ 

Aber hier trifft das OLG nicht den Kern, wie etwa Julian Jaursch, Leiter des Projekts „Stärkung digitaler Öffentlichkeit“ der Stiftung neue Verantwortung, treffend auf Twitter erklärte. Daten seien der „Rohstoff für Facebook“, wenn User nicht wissen, wer damit was vorhersagt, können sie sehr wohl geschwächt werden.

Auf diese fehlende Kontrolle über die Daten verwies damals auch das Bundeskartellamt in seinem Bericht: „Facebook ist ein unentgeltlicher Dienst. Der Konditionenmissbrauch führt daher nicht zu einem unmittelbaren finanziellen Schaden für den Nutzer. Der Schaden liegt hier vielmehr in einem Kontrollverlust für den Nutzer“. Das OLG bestritt den Kontrollverlust, so erfolge die Erfassung und Verarbeitung der Mehrdaten „auf der Grundlage der von Facebook gestellten Nutzungsbedingungen,also mit Zustimmung des Facebook-Nutzers. [...] Die Datenverarbeitung erfolgt vielmehr mit seinem Wissen und Wollen.“

Da war doch dieser Datenskandal

Die Begründung des OLG ist an dieser Stelle sehr fragwürdig und vor allem, wie Netzpolitik zusammenfasste, lässt das Gericht „mit einem erstaunlichen Tunnelblick die jahrelangen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurse über die soziale und wirtschaftliche Macht von Daten außer Acht.“ 

Der Skandal rund um Cambridge Analytica hat doch längst eindrucksvoll gezeigt, wohin es führen kann, wenn große Konzerne viele personenbezogene Daten ihrer Nutzer speichern. Denn werden Nutzerdaten – wissentlich oder unwissentlich – missbraucht, kann dies, wie in diesem Fall, zur Beeinflussung politischer Entwicklungen führen. Auch ein gerade erst bekannt gewordener Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass Nutzer die Hoheit über Daten behalten und diese nicht einfach weitergegeben werden können: Der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes soll Daten potentieller Spender an Facebook gesendet haben, aus denen das Unternehmen theoretisch Rückschlüsse auf die Gesundheit ziehen könnte.

Und dass eben „heute große Teile von sozialem Leben und politischer Öffentlichkeit digital vermittelt stattfinden“, sei in der Entscheidung des OLG nicht berücksichtigt. „Wer Facebook, Instagram und WhatsApp lange Zeit in sein Leben integriert hat, kann diese Verpflechtung [sic!] kaum ohne Schaden für das eigene Leben auflösen“, kommentiert hierzu Netzpolitik.org.

Facebook gibt Kontrolle über Daten an Nutzer ab

Facebook selbst ist aber nicht nur rechtlich gegen das Kartellverfahren vorgegangen, sondern hatte jüngst auch ein neues Datenschutz-Tool zur Verfügung gestellt. Mit diesem können Nutzer sehen, welche Unternehmen/Webseiten ihre Daten tracken, und damit auch die Verknüpfungen zu ihrem Profil löschen bzw. sie gänzlich sperren. Allerdings setzt der Konzern damit darauf, dass die Nutzer selbstbestimmt handeln. Nicht die schlechteste Idee, doch wird klar: Facebook hat hier das Steuer in der Hand, rechtlich scheint es sich schwieriger zu gestalten, gegen das Sammeln von Daten vorzugehen. 

Nach Angaben von Reuters will das Kartellamt nun Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Könne hier der Beschluss aus Düsseldorf nicht wieder gekippt werden, sei es möglich, dass es noch mehrere Jahre andauere, so eine Einschätzung des Direktors des Instituts für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Rupprecht Podszun laut Netzpolitik.org. Damit erweckt die Entscheidung des OLG Düsseldorf einmal mehr den Eindruck, recht kurzsichtig gewesen zu sein.

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