Datenschützer schlagen Alarm

Schufa will auf Girokonten von Privatkunden zugreifen

Veröffentlicht: 27.11.2020 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 27.04.2023
Schufa-Zentrale

Zusammen mit Telefónica/O2 testet die Schufa aktuell das Angebot „Schufa Check Now“. Die Idee dahinter: Die Schufa erhält dabei Zugriff auf die Kontoauszüge der Verbraucher und will so prüfen, ob ihre finanzielle Situation vielleicht besser ist, als es der reguläre Schufa Score vermuten lässt. So sollen Verbraucher an Verträge oder Kredite kommen, obwohl ihr Score dies eigentlich verwehren würde. Die Daten dafür, heißt es von der Schufa, werden nur für diesen Zweck und nur sehr kurz gespeichert, im aktuellen Testlauf gar nicht.

Was wie ein gutes Angebot klingen soll, ist nach Recherchen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung aber offenbar nur der Auftakt für tiefgreifendere Pläne und zudem sehr kritisch zu betrachten. Aus internen Dokumenten gehe hervor, dass die Schufa so detaillierte Einblicke in Millionen Kontoauszüge bekommen und daraus eine Art „Superscore“, wie es die Süddeutsche nennt, entwickeln will.

Tiefe Einblicke in die privaten Finanzen

Um an die Daten zu gelangen, sollen Nutzer, so ist es zumindest im aktuellen Testlauf, auf der Webseite ein Kästchen anhaken – freiwillig. Damit gibt der Kunde der Auskunftei die Erlaubnis, seine Kontoauszüge zu lesen, diese für zwölf Monate zu speichern „und daraus auch theoretisch eigene Produkte zu entwickeln“, so die Süddeutsche. Aktuell werden keine Daten gespeichert, wie die Schufa betone, „über die spätere Ausgestaltung des finalen Produktes“ wolle man noch nichts sagen.

Die Schufa erhält damit sehr sensible Einblicke in die Finanzen der Verbraucher. Die Süddeutsche berichtet über einen Vertriebsmanager einer Tochterfirma, der potenziellen Kunden zwölf Kategorien und 65 Unterkategorien vorgestellt habe, die man auslesen könne. Dazu zählen etwa das Gehalt, Unterhaltungszahlungen, Ausgaben für Strom oder Versicherungen oder Käufe für Heimwerken und Garten. Darüber hinaus ließen sich „Risikofaktoren“ erkennen, etwa Ausgaben für Glücksspiel. Die Schufa will nicht preisgeben, was sie zwölf Monate lang mit diesen Daten macht.

Scharfe Kritik von Datenschützern

Von Datenschützern hagelt es Kritik an dem Vorhaben. Niemand könne die „tatsächliche Reichweite dieser Einwilligung überschauen“, warnt etwa Peter Schaar, der von 2003 bis 2013 Bundesbeauftragter für den Datenschutz war. Man mache sich als Verbraucher „wirklich nackig“. Zum Nachteil der Verbraucher könnten umfassende Persönlichkeitsprofile erstellt werden, fürchtet Schaar. Wer etwa an Online-Wetten teilnehme, müsste wohl mit negativen Auswirkungen auf die Bonität rechnen, dem Kunden würden möglicherweise Verträge verwehrt werden. Thilo Weichert, ehemaliger Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein findet das Konzept „hochproblematisch“. Für ihn sei es „ein Horror“, dass sensible Daten ausschließlich im Unternehmensinteresse verwendet werden, ohne, dass man die Nutzung nachvollziehen könne.

Bislang hat die Schufa nach eigener Aussage keine Informationen über Einkommen oder Vermögen der Menschen. Mit dem „Schufa Check Now“ würde sich das ändern. Schon 2018 bereitete die Organisation das Projekt mit dem Zukauf des StartUps Fin Api vor. Das hat eine Bafin-Lizenz für das Lesen von Konten – aufgrund einer EU-Richtlinie ist das rechtlich möglich. Am 4. November 2020 ging die Webseite für den „Schufa Check Now“ online. Die zuständigen Landesdatenschützer in Bayern hätten davon erst einen Tag später erfahren, schreibt die Süddeutsche. Der Sachverhalt werde derzeit vom Landesamt für Datenschutz geprüft.

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