Kolumne

Weltfrauentag: Gleichberechtigung ist kein Strauß Blumen

Veröffentlicht: 08.03.2019 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 08.03.2019
vertrocknete Rosen

Der heutige Freitag ist der Internationale Weltfrauentag. In Berlin wurde dieser noch kurzfristig zum gesetzlichen Feiertag erhoben. Ein richtiger und wichtiger Schritt, findet zum Beispiel auch die Ebay-Händlerin Laura Noderer, die sich in einer „Männerdomäne“ – Fahrzeugteile – als Frau erfolgreich durchgesetzt hat. Sie hat aber auch gesagt: „Natürlich ist es toll für uns als Berliner Frauen, dass wir nun einen gesetzlichen Feiertag haben. Der fehlt jetzt nur noch im Rest von Deutschland.“ Passend dazu veröffentlichte die Zeit einmal mehr eine entlarvende „Torte der Wahrheit“:

Wahrheit tut manchmal weh und die Wahrheit ist, dass wir von echter Gleichberechtigung nach wie vor sehr weit weg sind, auch wenn das eine Platitüde ist. Dass es überhaupt einen gesetzlichen Feiertag braucht, um darauf hinzuweisen, spricht Bände.

Hier hast du Blumen und jetzt sei ruhig

Noch viel aussagekräftiger ist aber die Art, wie dieser „Feiertag“ nun begangen wird. In komplettem Unverständnis der eigentlichen Intention bekommen Frauen am 8. März nun Blümchen und Pralinchen, als wenn es der nächste Valentinstag wäre, seines Zeichens der wohl lächerlichste und modernes Frauenbild verachtendste Feiertag, den sich ein paar Süßigkeitenhersteller in der „guten alten Zeit“ mal schnell her erfunden haben (Jaja, die Ursprünge sind anders und älter, aber, bitte, seien wir doch ehrlich…). Am Internationalen Frauentag werden Frauen beschenkt, damit sie auch mal einen schönen Tag haben. Na, das ist doch Gleichberechtigung…

Gerade mal zwei Ministerpräsidentinnen haben wir in Deutschland, die Führungsetagen der größten Konzerne sind Testosteron-Parties, ein Bubi wie Philipp Amthor kann in Deutschland politische Karriere machen, obwohl er öffentlich ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert vertritt und die Führungsetage einer Makler-Firma aus Hamburg präsentiert sich selten peinlich bei Twitter und brüstet sich allen Ernstes auch noch mit dem Hashtag #Weltfrauentag.

Währenddessen freuen sich Frauen, die eigentlich für Gleichberechtigung kämpfen müssten, über Blumen und Männer gratulieren mit Blümchen-Emojis, weil, mensch, „das habter euch verdient“. Ich möchte niemandem das Recht absprechen, sich über Geschenke zu freuen, aber wenn archaische Automatismen wie „Mann schenkt Frau Blumen“ für Emanzipation und gleichberechtigte Gesellschaft stehen sollen, dann beschleicht mich das Gefühl, dass die Debatten der letzten 50 Jahre in eine Sackgasse gelaufen sind.

Feiern sollte man vielleicht eher, dass wir in einigen, in vielen Bereichen, tatsächlich schon viel weiter sind. Aussetzer wie die Büttenrede von Annegret Kramp-Karrenbauer erfahren glücklicherweise den Gegenwind, den sie verdienen, Geschichten wie die von Laura Noderer zeigen, dass „Männerdomänen“ inflitrierbar sind und zum Glück gibt es nicht mehr nur männerdominierte Immobilienmakler, Autokonzerne oder Redaktionen, sondern Menschen und Unternehmen, für die Gleichberechtigung nicht lästiger Zeitgeist ist, sondern die sie leben. Und das ist am Ende doch viel aussagekräftiger und vor allem nützlicher als halbvertrocknete Rosen.

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