Verschärfte Corona-Maßnahmen

Lockdown verlängert: Verzweiflung im Einzelhandel wächst

Veröffentlicht: 06.01.2021 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 06.01.2021
Geschlossen-Schild

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Bundesländer haben sich auf eine Verlängerung bzw. Verschärfung der aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verständigt. Es seien einschneidende Maßnahmen, die allerdings auch „absolut notwendig“ seien, so die Kanzlerin laut Mitteilung der Regierung zu den Beratungsgesprächen. 

Erklärtes Ziel der erneuten bzw. weiteren Einschränkungen sei es, dass die 7-Tage-Inzidenz auf unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gesenkt werden könne, um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen. Derzeit liegt dieser Wert laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bundesweit bei ca. 127, in einigen Regionen ist er jedoch um ein Vielfaches höher. Zudem zählt das RKI aktuell über 21.200 Neuinfektionen am Tag (Stand 06.01., 11:00). Wie sich die Besuche rund um Weihnachten und den Jahreswechsel ausgewirkt hätten, sei Experten des RKI zufolge erst ab dem 17. Januar ablesbar. 

Ende Oktober des vergangenen Jahres hatten Bund und Länder zunächst einen Teil-Lockdown beschlossen, welcher Mitte Dezember bis zum 10. Januar ausgedehnt und mit Schließungen im Einzelhandel verschärft wurde. Dies soll beibehalten werden, die nun beschlossenen Regelungen gelten dann zunächst bis zum 31. Januar. Der stationäre Einzelhandel ist angesichts dieser Aussichten verzweifelt.

Die neuen Regelungen im Überblick

  • Verlängerung: Die bestehenden Beschlüsse, die bis zum 10. Januar galten, bleiben weiterhin gültig – zunächst bis zum 31. Januar.
  • Kontaktbeschränkungen: Private Zusammenkünfte sind nur im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet – wie es bereits im Lockdown im Frühjahr der Fall war.
  • Einschränkung des Bewegungsradius: Bei einer Inzidenz von über 200 soll der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort herum eingeschränkt werden, der nur bei einem triftigen Grund verlassen werden darf. Explizit kein triftiger Grund seien tagestouristische Ausflüge – etwa in Skigebiete. Darüber hinaus kann es landesweite nächtliche Ausgangssperren (wie in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen) geben, auch auf Kreisebene können diese verhängt werden.
  • Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen bleiben weiterhin geschlossen, dabei gibt es aber regionale Unterschiede und Notfallbetreuungen. So könnte in einigen Bundesländern Präsenzunterricht für Abschlussklassen möglich sein. Beim Kinderkrankengeld soll es zehn zusätzliche Tage je Elternteil (20 zusätzliche Tage für Alleinerziehende) geben. Dieser Anspruch soll „auch für die Fälle gelten, in denen eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird, weil die Schule oder der Kindergarten bzw. die Klasse oder Gruppe pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde“.
  • Arbeitgeber werden „dringend gebeten, großzügige Home-Office-Möglichkeiten zu schaffen“. An Arbeitsplätzen gelte zudem ohnehin weiterhin wie bisher grundsätzlich eine Maskenpflicht, wenn von diesem nicht ein Abstand von eineinhalb Metern zu anderen eingehalten werden könne.
  • Betriebskantinen werden geschlossen, wo immer die Arbeitsabläufe es zulassen. Die Abgabe von mitnahmefähigen Speisen und Getränken ist erlaubt. 
  • Für Alten- und Pflegeheime sollen mehr Schnelltests ermöglicht werden, mindestens bis die Impfungen mit beiden Impfdosen abgeschlossen sind. Bis spätestens Mitte Februar soll allen Bewohnerinnen und Bewohnern von stationären Pflegeeinrichtungen ein Impfangebot gemacht werden können.
  • Die Testpflicht bei Einreisen aus Corona-Risikogebieten nach Deutschland wird zudem verschärft, es sollen Pflichttests mindestens 48 Stunden vor bzw. direkt bei der Einreise erfolgen.

Angela Merkel bekräftigte, dass Infektionsketten wieder nachvollziehbar werden müssten – „ansonsten können wir immer wieder nur nach einer kurzen Lockerung in einen Lockdown zurückgehen“. Eine zusätzliche Gefahr stelle die Mutation des Virus dar, die auch Deutschland bereits erreicht habe. Bund und Länder werden am 25. Januar 2021 über das weitere Vorgehen und neue Regelungen ab dem 1. Februar beraten. 

Regelungen für den Einzelhandel bleiben bestehen

Für den Einzelhandel, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe bleiben die bisher geltenden Einschränkungen bestehen. Demnach dürfen im Einzelhandel weiterhin nur Geschäfte für den täglichen Bedarf geöffnet bleiben, dazu zählen: 

  • Einzelhandel für Lebensmittel
  • Wochenmärkte für Lebensmittel
  • Direktvermarkter von Lebensmitteln
  • Abhol- und Lieferdienste
  • Getränkemärkte
  • Reformhäuser
  • Babyfachmärkte
  • Apotheken
  • Sanitätshäuser
  • Drogerien
  • Optiker und Hörgeräteakustiker
  • Tankstellen, Kfz-Werkstätten und Fahrradwerkstätten
  • Banken, Sparkassen und Poststellen
  • Reinigungen und Waschsalons
  • Zeitungsverkauf
  • Tierbedarfsmärkte und Futtermittelmärkte
  • Großhandel

Gleichsam kann nach wie vor der Verkauf von Non-Food-Produkten im Lebensmitteleinzelhandel, die nicht dem täglichen Bedarf zuzuordnen sind, eingeschränkt werden. Das Angebot dürfe diesbezüglich auch nicht ausgeweitet werden. 

Außerdem gibt es seit dem 1. Dezember vor Läden und auf Parkplätzen eine Maskenpflicht. In Geschäften mit weniger als 800 Quadratmeter ist ein Kunde pro zehn Quadratmeter erlaubt, bei über 800 Quadratmetern ein Kunde je 20 Quadratmeter. Händler müssen zudem Sorge tragen, dass Kundenströme geordnet fließen. Auch hier haben einige Bundesländer aber Sonderregelungen. 

Geschlossen bleiben müssen ebenfalls weiterhin Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege, die nicht medizinisch notwendig sind, sowie gastronomische Einrichtungen. Der Verzehr von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum sei in der Regel untersagt, Lieferung bzw. Abholung von Speisen und Getränken ist wie gehabt möglich. 

Finanzielle Hilfsprogramme

In Bezug auf die finanziellen Hilfsangebote erklärten Bund und Länder, dass Coronahilfen derzeit ausgezahlt würden. So hätten Betroffene über eine Milliarde Euro an Novemberhilfe erhalten. Die vollständige Auszahlung der beantragten Novemberhilfe über die Länder erfolge spätestens ab dem 10. Januar 2021, heißt es. Anträge für die Dezemberhilfe können seit Mitte Dezember 2020 gestellt werden, die ersten Abschlagszahlungen erfolgen seit Anfang Januar. 

Die Überbrückungshilfe III soll bis Ende Juni 2021 laufen, erste Auszahlungen sollen im ersten Quartal dieses Jahres erfolgen. Welche finanzielle Unterstützung es seitens des Staates grundsätzlich gibt, ist unserem Überblick über die verschiedenen Coronahilfen zu entnehmen.

Händler erwarten bessere Untersützung

Der verlängerten Lockdown bedeutet für viele Einzelhändler eine schwierige bzw. existenzbedrohliche Situation. Noch im September hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, dass Geschäfte im Winter nicht schließen müssten, woraufhin diese Winterwaren bestellt hätten. Diese können nun aber nicht verkauft werden. Ein Sporthändler aus Bayern wollte deshalb einige seiner Intersport-Filialen öffnen – und auch, um auf die fehlende bzw. nicht ausreichende Hilfe des Staates aufmerksam zu machen: Seit März habe er lediglich 15.000 Euro Hilfe erhalten und da sich sein Umsatzeinbruch unter 40 Prozent bewege, stünde ihm keine Überbrückungshilfe zu. Der Händler sagte die Öffnung letztlich ab, um Querdenkern und Corona-Leugnern nicht in die Hände zu spielen, schreibt die FAZ zu diesem Fall. Auch weitere Händler hatten sich in einer Telegram-Gruppe organisiert, um den Lockdown zu ignorieren und Geschäfte ab dem 11. Januar wieder zu öffnen, wie n-tv meldete.

Die Landesregierung in Baden-Württemberg wolle Händlern entgegenkommen und ab Montag Abholangebote erlauben, heißt es in der Süddeutsche Zeitung. Waren könnten online oder per Telefon bestellt und vor Ort abgeholt werden.

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