[Gastartikel] Cross-Border E-Commerce: Gut begonnen ist halb gewonnen!

Veröffentlicht: 02.10.2018 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 02.10.2018

Die internationale Expansion bietet große Umsatzpotenziale, doch dabei können Händler viel falsch machen. Wer den Anfang mit Bedacht angeht, kann aber die richtigen Weichen stellen.

Einkaufswagen auf einer Tastatur
© William Potter – Shutterstock.com

 

Maximales Ergebnis bei minimalem Einsatz ist eine Illusion

Es hört sich wie selbstverständlich an: Natürlich bereiten Händler die Internationalisierung ihres Webshops gut vor. Aber viele Händler gehen eher pragmatisch vor. Sie erstellen einfach eine Subdomain in der deutschen Hauptdomain, fügen Zahlungsoptionen hinzu, treffen Vereinbarungen mit ihrem Paketversender und legen am Auslandsmarkt los. Und dann folgt das Erstaunen: Warum gibt es so wenige Aufträge? Was verkauft wird in Deutschland, sollte schließlich doch auch über die Grenze erfolgreich sein?

Wenn es nur so einfach wäre. Die Realität ist oft eine andere. Wenn die Markenbekanntheit fehlt und die Produkte oder Dienstleistungen nicht so einzigartig sind, dass sie von Konsumenten spontan nachgefragt werden, kommt es auf andere Sachen an: Unterscheidungskraft zu Mitbewerbern, gute Auffindbarkeit des Webshops, ein (nach lokalen Standards) attraktiver und benutzerfreundlicher Webshop in der lokalen Sprache, optimale Konvertierung, Vertrauen, marktgerechte Liefer- und Rückgabeoptionen, Kundenservice in Landessprache, Einhaltung der lokalen Gesetze und Vorschriften. Kurz gesagt, die Lokalisierung des Webshops.

Viele Webshops ignorieren einfach (teilweise) diese Elemente, wenn sie international expandieren. Wahrscheinlich in der Hoffnung, mit Mindestaufwand maximale Ergebnisse zu erzielen. Dies wird sich aber meistens als Illusion erweisen.

Ressourcen nach dem Start

Aber nicht nur eine gründliche Vorgehensweise am Anfang ist wichtig. Sobald der lokalisierte Webshop „live“ ist, entstehen neue Fragen. Welche Online-Marketing-Instrumente passen zum Markt, in welchem Mix? Wie werden After-Sales- und Servicekontakte abgewickelt, die Sichtbarkeit in Social Media erhöht und verfolgen und Reviews verfolgt und kommentiert, die Qualität von Lieferungen und Retouren überwacht und Vertrauen bei Kunden aufgebaut, die Konkurrenz beobachtet und auf sich ändernde Marktbedingungen, Gesetze und Vorschriften reagiert?
Hierzu brauchen Online-Händler ständig Ressourcen und die Bereitschaft, sie zu verwenden. Das sollte bereits n der Planungsphase beachtet werden.

Analysieren des Zielmarkts

Online-Händler sollten also damit beginnen, Informationen zu sammeln und analysieren. Was sind die Trends auf dem Markt und im Marktsegment? Wer sind die Konkurrenten? Welche Marktstrategie nutzen sie, welche Marken bieten sie an, welche Preispolitik setzen sie um? Wie verhält sich das alles zu der geplanten Strategie für den neuen Markt?

Anhand dieser Erkenntnisse zeigt sich, ob und wie die Marktstrategie im Vergleich zum Heimatmarkt angepasst werden muss.

Mangel an Vertrauen und Lieferprobleme sind wesentliche Hindernisse für den Kauf von Waren aus ausländischen Webshops. Online-Händler müssen also auf die Lieferoptionen, die Kunden in ihrem Auslandsmarkt erwarten, achten und gute Vereinbarungen mit ihrem Paketversender treffen. Die Retouren dürfen natürlich auch nicht außer Acht gelassen werden.

Grenzüberschreitenden Ambitionen dosieren

Das bedeutet, dass die Aufnahme von internationalen Verkäufen Sorgfalt erfordert. Es ist daher ratsam, die Schritte ins Ausland zu dosieren. Gleichzeitig sollten Händler die Chancen in mehreren Ländern analysieren und eine Strategie für jedes Land festlegen, dies erfordert allerdings erhebliche Anstrengungen und Ressourcen.
Ein direktes Rollout in mehreren Ländern ist oft eine (zu) große Herausforderung für Webshops mit internationalen Ambitionen. Es ist verlockend, die Welt als einen großen Online-Markt zu sehen, aber oft sinnvoller, mit den Nachbarn zu beginnen, um wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Zuerst in die Nachbarländer expandieren

Aus dem  Ecommerce Europe Cross-Border Barometer 2016 unter Online Händlern in Europa ging hervor, dass Dreiviertel aller Befragten bereits grenzüberschreitend aktiv sind, darunter auch sehr viele Kleinunternehmen (mit weniger als 11 Mitarbeitern). 82 Prozent der Händler gaben an, dies von der Heimatbasis aus zu tun, während 17 Prozent einen Marktplatz nutzen.

Dies bestätigt die Ansicht, dass der Ansatz, Verkäufe in die Nachbarländern vom deutschen Standort aus zu starten, der logische und am häufigsten gewählte Weg ist. Auch relativiert es die Bedeutung von Marktplätzen, die es Händlern zwar ermöglichen, den Markt für ihre Produkte kennenzulernen, auf lange Sicht aber keine echte Alternative zu einem lokalisierten, eigenen Webshop sind. Es sei denn, Händler suchen nur nach einem Vertriebskanal für ihre Produkte.

Internationalisierung ist nicht einfach

Gleichzeitig gibt fast die Hälfte der Befragten im Rahmen des Cross-Border Barometers 2016 an, dass internationale Geschäfte in Europa (sehr) schwierig sind. Nur einer von fünf findet es (sehr) einfach.

In Frankreich und dem Vereinigten Königreich empfinden 30 Prozent der europäischen Online-Händler Probleme. Für Deutschland sind dies 14 Prozent, für die Niederlande nur 8 Prozent.

Die Top 3 der Probleme enthält folgende Themen:

  1. Gesetzgebung und Vorschriften (Datensicherheit und -schutz, Verbraucherrecht, Vertragsrecht, Produktetikettierung und -sicherheit).
  2. Steuersysteme (vor allem Mehrwertsteuer, aufgrund von Nichtvertrautheit und Kosten).
  3. Logistik und Distribution (zu teuer, Probleme mit kleinen Retourenmengen, zu lange Lieferzeiten).

Weitere Problemfelder sind Online-Zahlungen (Kosten, Kundenidentifikation, „Conversion-Killer“ im Check-out), Sprache, Marketingstrategie und Kundenbeziehungen (CRM).

Die EU verfolgt eine aktive Politik zur Beseitigung der größten Probleme (ein digitaler Binnenmarkt), kompliziert jedoch den internationalen E-Commerce für Händler durch ein Verbot auf Geoblocking.

Fallstricke umgehen

Die Signalisierung dieser Probleme bedeutet keinesfalls, dass sie unüberwindbar sind. Sie bestätigen nur, dass gute Vorbereitung auf alle Aspekte des Cross-Border Vertriebs von großer Bedeutung ist, um erfolgreich zu sein. Wenn Händler sich nicht richtig vorbereiten, werden die Probleme allmählich zunehmen und möglich fatal werden, z.B. im Falle eines Verstoßes gegen geltende (Steuer-)Gesetze und Vorschriften.

Lokale Experte einsetzen

Online-Händler sollten nicht versuchen, das Rad selbst zu erfinden. Um Zeit zu gewinnen und die Erfolgschancen zu erhöhen, empfiehlt es sich, in jedem Markt einen lokalen Experten hinzuzuziehen. Sie liefern das Wissen, das die Händler benötigen, um ihren Markteintritt zum Erfolg zu machen, weisen auf die kulturellen Unterschiede zum Heimatmarkt hin und verbinden die Händler zu Dienstleistern im Zielmarkt. Es gibt keinen Ersatz für Sachkenntnisse aus erster Hand über lokale Geschäftsvorgänge!

Über den Autor

Ed Hensen ist Cross-Border E-Commerce Experte und Inhaber von E-Commerce in Holland, einer Unternehmensberatung für Cross-Border E-Commerce nach Holland.

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