Studie Lieferversprechen

Modehandel: Ein Drittel der Lieferungen zu Weihnachten verspätet

Veröffentlicht: 08.04.2020 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 08.04.2020
Frau packt Modelieferung aus

Mehr als ein Drittel – 34 Prozent – aller Online-Bestellungen während der Vorweihnachtszeit, eine der wichtigsten Peak-Zeiten im Online-Handel, wurden im letzten Jahr verspätet geliefert. Das zeigt die Omnichannel-Fulfillment-Studie von Kurt Salmon/Accenture Strategy zur Lieferperformance von Mode-Onlinehändlern, die OnlinehändlerNews vorliegt.

Nike liefert am schnellsten – Zalando braucht lange

Untersucht wurden insgesamt 70 Händler und Marken. Von diesen haben zehn eine Lieferzeit von maximal zwei Tagen erreicht: Nike konnte innerhalb eines Tages Waren zustellen, zwei Tage Lieferzeit brauchten Bestellungen von  Adler, Bonprix, Escada, Marc O’Polo, Michael Kors, My Theresa, SportScheck, Thalia und Uniqlo. Zalando schnitt in der Studie mit fünf Tagen vergleichsweise schlecht ab.

Die schnellsten Händler (Lieferzeit in Tagen von Bestellung bis Lieferung) / Kurt Salmon, Accenture

„Eine Reihe der führenden Unternehmen haben vergleichsweise zentrale Lagerstrukturen, die teilweise sogar Lieferungen von außerhalb Deutschlands bedeuten. Trotzdem schaffen sie es in die Top-Liga der schnellsten Lieferungen“, erläutert Sven Kromer, Geschäftsführer von Kurt Salmon. Möglich seien solch schnelle Lieferzeiten, weil hier eine bedarfsgerechtere Kapazitätsplanung im Lager und beim Transport sowie bei der besseren Synchronisation der Prozesse über Funktionen und Unternehmen (Händler, Dienstleister) hinweg stattfände. „Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind kürzere Leerzeiten, weniger individuelle Abstimmungen, die Vermeidung redundanter Tätigkeiten, die Unterstützung durch Automatisierung und die Standardisierung sich wiederholender Aktivitäten und Entscheidungsprozesse.“ 

Amazon Prime hat indes sein Lieferversprechen, am selben Tag zu liefern, eingehalten – anders sah das jedoch beim Non-Prime-Service aus: Hier haben Online-Shopper bis zu sechs Tage auf die Ware gewartet. Dieses Beispiel zeige, „wie unterschiedlich Prime- und Non-Prime-Kunden logistisch behandelt werden – an den Fähigkeiten zum schnellen Liefern mangelt es offensichtlich nicht“, kommentiert Sven Kromer. 

Handel optimiert Information zu Lieferterminen – Einhaltung schwierig

Laut der aktuellen Erhebung habe die durchschnittliche Lieferzeit während des Hochbetriebs im Dezember 2019 ca. 4,8 Tage betragen und liegt damit in etwa beim Vorjahresniveau von 4,9 Tagen. Weiter wurde festgestellt, dass auch jeder zweite Händler (56 Prozent) beim Checkout oder auf der Webseite in der Weihnachtszeit ein konkretes, späteres Lieferdatum angeben hat – das taten 2018 nur 34 Prozent der Händler.

„Allerdings haben nur die Hälfte dieser Händler ihr versprochenes Lieferdatum dann auch eingehalten. 2018 waren das noch 64 Prozent. Und dass, obwohl die versprochene Lieferzeit nicht etwa kürzer geworden ist, sondern sich mit 3,9 Tagen auf Vorjahresniveau befindet“, so der Lieferketten-Experte. Er schlussfolgert daraus: „Der Handel ist sich also dieser Herausforderungen bewusst und hat deshalb keine kürzeren Lieferzeiten versprochen. Es zeigen sich jedoch im Vergleich zum Vorjahr verstärkt Schwierigkeiten bei der Einhaltung der aktuell angegebenen Lieferzeiten.“ Ein Grund hierfür ist aus seiner Sicht die angespannte Kapazitätssituation vor allem auf der letzten Meile, „die sowohl von Händlern als auch Dienstleistern entweder unterschätzt oder zumindest nicht effektiv gemanagt wurde“. Das beträfe insbesondere den Fahrermangel.

Lieferzeiten, - versprechen und Zuverlässigkeit: Nur die Hälfte der Lieferungen waren pünktlich / Kurt Salmon, Accenture

Schnellere Lieferzeiten durch Click & Collect 

Deutlich schneller konnten Konsumierende an ihre online bestellte Ware gelangen, wenn die Zustellung per Click & Collect erfolgte. Die Option, Produkte online zu bestellen und beim Einzelhandel vor Ort abzuholen, bieten im Vergleich zu 2018 in Deutschland inzwischen ein wenig mehr Händler an, der Anteil stieg von 57 auf 61 Prozent. Die Lieferzeiten lagen dadurch durchschnittlich bei 3,7 Tagen (2018: 4,3 Tage) und somit deutlich unter der im Schnitt benötigten Zeit für Haustürzustellungen. 

Hier würden Händler die Click- und Collect-Bestellungen zumeist im Omnichannel-Lagel kommissionieren und dann zusammen mit der regulären Warenlieferung in die jeweiligen Filialen senden. „Eine Kommissionierung in der Filiale ist in Deutschland dagegen die Ausnahme“, erklärt der Kurt-Salmon-Geschäftsführer. Künftig könnte sich das jedoch ändern: Zeitliche Aspekte und die Verfügbarkeit der Ware spielen dabei eine Rolle und durch dieses Liefermodell könnten beispielsweise Warenüberstände in Filialen gezielt abgebaut werden. „Gerade für preisbewusste Kunden wird Click & Collect attraktiver und zwar analog zu den steigenden Lieferkosten. Allerdings ist davon auszugehen, dass kostenlose Click & Collect-Lieferungen seltener werden. Auch wenn die Lieferkosten wegfallen, so sind Kosten in der Filiale sowie bei Kommissionierung im Lager auch die Zentralkosten mit steigendem E-Commerce-Volumen schwieriger zu kompensieren.“

Lieferzeiten durch bessere Bedarfsprognosen optimieren

Um schneller und zuverlässiger zu liefern, müssten sich Prognosen zum Bedarf etwa in ihrer Genauigkeit verbessern und Informationen zu Vorgängen in der Vergangenheit noch besser berücksichtigen. Bestände müssen kanalübergreifend in Echtzeit abgebildet und natürlich auch überall entsprechend nutzbar sein. „In Zukunft muss es darum gehen, datenbasiert weitere relevante Kriterien zu berücksichtigen, zum Beispiel Customer Lifetime Value, Produktrentabilität, Kosten vs. Nutzen von Teillieferungen, Abschriftenrisiko etc. Nur so wird es möglich, die für den jeweiligen Kunden und Auftrag optimalen Fulfillment-Entscheidungen zu treffen“, erklärt Kromer.

Erhöhte Preise für Versanddienstleister werden kaum auf Kunden umgelegt

Versanddienstleister wie DHL, Hermes, DPD etc. haben im vergangenen Jahr ihre Preise für Geschäftskunden merklich erhöht – die Preiserhöhungen von bis zu zwölf Prozent wurden der Untersuchung zufolge jedoch lediglich geringfügig an die Bestellenden weitergegeben. Im Schnitt zahlten Kunden hier nur fünf Prozent mehr – wenn Händler Versandkosten überhaupt erhöhten. „Wenn das Volumen weiter steigt und die Fahrerkapazitäten noch knapper werden als bisher, wird es allerdings nicht mehr lange dauern, bis die Versandgebühren auf breiter Basis erhöht werden“, prognostiziert Sven Kromer. 

Sein Tipp: Hierbei sollten Händler nach bestimmten Kundengruppen differenzieren: „Attraktive Kundencluster sollten anders behandelt werden als solche, die nur reduzierte Ware kaufen oder übermäßig retournieren“. Des Weiteren sei eine stärkere Unterscheidung der Gebühren nach Lieferfenstern ausschlaggebend, wie es bereits im Lebensmittelbereich der Fall ist. 

Auch Retouren bieten 94 Prozent der Händler bislang weiter kostenlos an – das werde sich kurzfristig aber nicht ändern. „Mittelfristig muss der deutsche Handel nachziehen und auch bei den Retouren differenzierter nach Kundensegmenten vorgehen“, so die Expertenempfehlung, wenngleich dies nicht heiße, dass pauschal von kostenlosen Retouren Abstand zu nehmen sei.

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