Ama-Zone

„Der letzte Ar***“: Womit Amazon-Boten bei der Zustellung zu kämpfen haben

Veröffentlicht: 19.05.2021 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022
Graffiti über Wut: Junge, der einen Stinkefinger zeigt

In der Reihe „Ama-Zone“ grübelt Tina Plewinski über die vielfältige Welt von Amazon: über Vor- und Nachteile des Online-Riesen, neue Entwicklungen, trendige Hypes, die unablässigen Machtbestrebungen des Konzerns und – im aktuellen Teil dieser Reihe – über den teils schwierigen Arbeitsalltag von Amazon-Boten.

Wie schwierig es manchmal ist, als (Amazon-)Paketbote zu arbeiten, seinen Job gut und es allen Mitmenschen auch noch Recht zu machen, hat mir gestern ein Vorfall eindrücklich ins Gedächtnis zurückgerufen: Ich saß am Schreibtisch und hörte plötzlich von der Straße laute, hysterische Rufe. Als ich nachschauen wollte, ob jemand Hilfe benötigt, wurde mir klar, dass es sich nicht um einen medizinischen, sondern um einen sozial-kommunikativen Notfall handelte: Denn ein Amazon-Bote, der mit seinem Van halb auf dem Radweg, halb auf dem Gehweg parkte, wurde gerade massiv zusammengestaucht.

Von kommunikativen Totalausfällen ...

Zum Spaß parkte der Paketbote übrigens nicht halbflächig auf dem Fahrradstreifen. In meiner Gegend sind Parkplätze absolute Mangelware und könnten sich als krisenfeste Währung eignen. Eine große Wahl an anderen potenziellen Parkmöglichkeiten gab es indes nicht – zumindest nicht, wenn man demolierte Autos und zugeparkte Einfahrten als Optionen ausschließt.

Weil dem Radfahrer durch das Parkmanöver des Paketboten die Hälfte seines rechtmäßigen Verkehrsweges genommen wurde, sah er sich veranlasst, mit lautstarken und kreativ-wüsten Beschimpfungen auf den Amazon-Boten loszugehen. Um diese auch non-verbal zu untermauern, fügte der beschnittene Radler seinem cholerischen Ausraster auch noch Drohgebärden hinzu. Sicher ist sicher!

Ein Problem und kein Ende in Sicht

Der Vorfall beschäftigte mich, macht er doch gleich mehrere Dinge deutlich:

  1. Eine freundliche Debattenkultur scheint einigen Menschen mittlerweile vollständig verloren gegangen zu sein.
  2. Manchmal vergesse ich offensichtlich, wie vielfältig die Stolpersteine sind, mit denen Paketboten tagtäglich kämpfen müssen.
  3. Die städtische Infrastruktur ist für Lieferanten vielerorts immer noch absolut grottig und schreit nach Verbesserungen.

An dem Wissen über solche eklatanten Mängel im urbanen Stadtleben und Ideen zur Beseitigung selbiger fehlt es nicht. Viele Logistiker arbeiten seit Jahren an der Optimierung der städtischen Zustellung und der Einführung neuer Möglichkeiten, um die Paketzustellung auf der letzten Meile besser zu machen. Der Biek (Bundesverband Paket und Expresslogistik) hat beispielsweise schon im Jahr 2019 vorgeschlagen, ein neues Straßenschild in Innenstädten einzuführen, das den Lieferverkehr erleichtern soll – und auch dem Radfahrer seinen Verkehrsweg sichert. Während sich dieser Vorschlag bis dato nicht verwirklicht hat, sind einige Logistikanbieter zumindest auf Lastenräder umgestiegen, um das Verkehrschaos zu umgehen. (Was mit Blick auf mein Erlebnis allerdings nicht wirklich Hoffnung verleiht, da ja auch solche Lastenräder offenbar gewollt oder ungewollt von Falschparkern behindert werden.)

Einfach mal nett sein, bitte!

Eine pauschale oder gar allumfassende Lösung dieses Problems haben die Logistiker noch nicht gefunden. Und können sie natürlich auch nicht. Schließlich spielen hier auch kommunale und infrastrukturelle Probleme mit rein, die in verschiedenen Regionen und Städten unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Und ich weiß auch keine Lösung dafür! Was ich allerdings weiß: Dass wir uns das Leben manchmal gegenseitig schwerer machen, als es sein müsste. 

Während also Amazon-Paketboten grundsätzlich und durch die „coronalen“ Paketfluten noch viel mehr gestresst sind, sich mit aggressiven Radfahrern anlegen, sicherlich auch mit Empfängern das ein oder andere Scharmützel austragen und – wenn man Vorwürfen glaubt – aufgrund des Zeitdrucks manchmal sogar in Flaschen pinkeln müssen, wäre es doch ganz nett, sie trotz eines verkehrstechnischen Malheurs nicht gleich anzuschreien ... sondern einfach mal Ruhe zu bewahren, freundlich zu sein und sich vorzustellen, dass es andere Menschen auch schwer haben! Ein bisschen Freundlichkeit kann das Leben für alle einfacher machen ...

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.