Von Einhörnern und Fidget Spinnern

Wie ein Hype entsteht und wie Händler ihn nutzen können

Veröffentlicht: 10.04.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 15.04.2019
Fidget Spinner

Für einen Händler dürfte es wohl einer der größten Träume sein: Ein Produkt geht viral, ein Hype entsteht und die Kunden reißen sich förmlich um das Produkt. In der Vergangenheit gab es einige Beispiele für solche Hype-Produkte, bei denen die Kunden nahezu jedwede Vernunft über Bord geworfen haben. Aber kann ein Unternehmen einen Hype selbst aufbauen? Und lohnt sich das in jedem Fall?

Im November 2016 ereignete sich das Paradebeispiel eines Produkt-Hypes, als Ritter Sport seine limitierte Schokoladen-Sorte „Einhorn“ auf den Markt brachte. Mitsamt dem angepassten Slogan „Quadratisch. Magisch. Gut.“ ging die (eigentlich nicht sonderlich besondere) Schokolade in den Verkauf und ließ den Online-Shop von Ritter Sport schnell zusammenbrechen. Die hohe Nachfrage brachte das Unternehmen dazu, die Schokolade noch einmal nachzuproduzieren und eine zweite Verkaufsrunde anzusetzen – und wieder ging der Server in die Knie.

Der Hype um die Schokolade fand sich schnell auch in den Angeboten auf Ebay: Tafeln der Einhorn-Schokolade wurden für Preise von zehn Euro und mehr angeboten. Einzelne Anbieter verlangten sogar bis zu 40 Euro für eine Tafel – und fanden auch für derartige Angebote Abnehmer. Ritter Sport selbst zeigte sich von dem Verkauf über den Online-Marktplatz wenig begeistert, könnte das aber nicht beeinflussen: „Wie auch bei der limitierten Äffle+Pferdle-Edition – die bereits auch schon auf der Auktions-Plattform zu Fantasiepreisen von bis zu einer Million Euro angeboten wurde – entscheidet am Ende der Schoko-Fan, ob er dazu bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen“, erklärte das Unternehmen damals.

Das Beispiel der Einhorn-Schokolade zeigt eindrücklich, welchen Effekt ein Hype haben kann – und welche Gefahren lauern. Ritter Sport war für ein paar Wochen in aller Munde, niemand konnte sich vor dem Produkt retten. Der Marketing-Effekt, den der Schokoladen-Hersteller dadurch genossen hat, dürfte unbezahlbar gewesen sein. Doch die große Gefahr wird ebenso offensichtlich: Der Online-Shop konnte dem Ansturm nicht standhalten, ein Shitstorm drohte. Der Hype ist also ein schmaler Grat.

Ein Hype weckt den Herdentrieb

Aber wieso kann ein solcher Hype eigentlich entstehen? Prof. Dr. Kai-Markus Müller, Neurowissenschaftler und Gründer der Neuromarketing Labs, sieht in dem Phänomen eine Manifestation eines menschlichen Grundbedürfnisses: „Also generell einmal kann man festhalten, dass beim Menschen ein sehr hohes Bedürfnis von ,Involvement‘ besteht. Das Wohlbefinden hängt also davon ab, wie sehr der Mensch involviert ist und von seinen Mitmenschen Beachtung und Anerkennung erhält. Jeder kennt das: Man will dazugehören und mitreden können“, erklärt er. Dieses Prinzip mache sich das Produktmarketing in vielen Fällen zunutze. „Ein Hype ist eine extreme Form davon, die den Herdentrieb im Menschen anspricht“, so Prof. Dr. Müller weiter. Wer nicht am Hype teilnimmt, hat das Gefühl, etwas zu verpassen. „Man muss mitmachen, sonst ist man gewissermaßen sozial abgehängt.“

Die Gründe für einen Hype sind dabei vielfältig: Er kann entstehen, wenn eine Verknappung entsteht oder das Produkt das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit erfüllt. Der Hebel der Verknappung ist dabei einfach zu erfassen: Die Ritter-Sport-Schokolade war beispielsweise limitiert verfügbar. Auch ein Hype um einen Sportler lässt sich durch eine Verknappung erklären: Ein besonders guter Spieler einer Sportart ist auch deshalb oft gehypt, weil er eben einzigartig ist. Auch neue oder innovative Modelle werden in vielen Fällen zum Hype erhoben. Hier kann selbst in der objektiven Wissenschaft mitunter ein Hype entstehen, wie Prof. Dr. Müller im Gespräch beschreibt: Wird eine neue wissenschaftliche Methode angewandt, wollen viele Forscher diese Methode einsetzen.

Für Unternehmen ist es trotzdem kein leichtes Unterfangen, gezielt einen Hype zu erzeugen, um die Verkaufszahlen schnell in die Höhe zu treiben und den Marketing-Effekt zu nutzen. „Bei einem Hype gilt das ‚Winner-takes-all‘-Prinzip: Es kann nur eine begrenzte Kapazität an Hypes geben und in jedem Bereich gibt es maximal nur einen Hype“, erklärt Prof. Dr. Müller. In der Zeit, in der das Smartphone-Spiel Pokémon Go hochgehypt wurde, hatte kein anderes Smartphone-Spiel die Chance, einen Hype um sich zu erzeugen, führt der Neurowissenschaftler weiter aus.


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Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um einen Auszug aus der aktuellen Ausgabe unseres Onlinehändler Magazins. Im weiteren Verlauf des Artikels erklären wir, welche Stellschrauben ein Unternehmen nutzen kann, um die Wahrscheinlichkeit für einen Hype zu verbessern. Zudem zeigen wir, wie ein Hype für einen langfristigen Erfolg genutzt werden kann.

In der Ausgaben Q2 2019 finden sich außerdem Themen wie Konkurrenzanalyse im E-Commerce, Gewährleistung und Garantie, Innovationen in der Zustellung oder auch die größten Logo-Fails.

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