Kolumne

Werbung – Wer frech ist, wird belohnt

Veröffentlicht: 09.08.2019 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 09.08.2019
Frau mit Lautsprecher

Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich die Hälfte meines Tages auf einen Bildschirm starre, aber Online-Werbung hat schon lange keinen Effekt mehr auf mich. Lästige Werbeanzeigen und PopUps klicke ich sofort weg, ohne zu realisieren, ob diese tatsächlich interessant für mich wären. Anders sieht es da bei Werbung in der echten Welt aus. Gut platzierte, besonders witzige oder intelligente Werbetafeln haben einen äußerst großen Effekt auf mich. Wie sehr, konnte ich erst vergangene Woche feststellen.

Wenn der Neuling im Territorium des Platzhirsches wirbt

Am Freitag fuhr ich von Leipzig nach Berlin, mangels Auto griff ich auf einen bekannten deutschen Fernbusanbieter zurück. Vom Preis her war die Hin- und Rückfahrt für zwei Personen unschlagbar. Als ich also im großen Fernbusterminal stand und auf meinen Bus wartete, fielen mir vier große Werbeplakate eines völlig neuen Anbieters ins Auge. Mutig, dachte ich mir, hier mitten im Territorium des großen Platzhirsches als völliger Neuling Werbung zu machen. Die Plakate waren durchwegs lustig, etwas vergleichend, aber keinesfalls böse. Während ich mir also meine Gedanken machte, ob diese vergleichende Werbung erlaubt ist, kam und ging meine ursprüngliche Abfahrtzeit, aber noch immer war kein Bus in Sicht. Die Menge wurde ungeduldiger, Informationen waren spärlich. In den darauffolgenden 60 Minuten gab es ein Chaos zwischen kaputtem Bus, misslungenen Umbuchungen und wütenden Gästen. In all dieser Zeit kamen und gingen drei pünktliche Fahrzeuge des werbenden Konkurrenten.

Und schon hat der Mitbewerber einen neuen Kunden

Mit viel Verspätung erreichten wir dann doch unser Ziel und ich freute mich auf das Wochenende. Sonntagfrüh sollte es mit dem gleichen Anbieter zurück nach Leipzig gehen, der Abfahrtsort war nicht weit entfernt von unserem Hotel. Aber auch hier gab es wieder eine böse Überraschung: Rund zwei Stunden vor Abfahrt erhielt ich eine Nachricht, dass meine Fahrt gestrichen wurde. Zwar bekam ich eine Alternative angeboten, zum Abfahrtsort hätte ich aber deutlich länger fahren müssen und auch die reine Fahrtzeit wäre wegen zusätzlicher Stopps länger. Wir hetzten trotzdem zum neuen Abfahrtsort und warteten und warteten und warteten. Auch knapp eine Stunde nach der eigentlichen Abfahrtszeit war noch immer kein Bus da, die Service-Hotline gratulierte mir dazu, dass meine Fahrt pünktlich sei (es sei denn, in einem Paralleluniversum saß ich bereits seit 55 Minuten im Bus, aber das war eindeutig nicht so), legte dann auf und auch hier kamen und gingen munter die neuen Mitbewerber. Es war zum Verrücktwerden. Lange Rede, kurzer Sinn: Zwei Stunden Verspätung, keine Erklärung, keine Entschuldigung, kein Nix.

Als ich an diesem Sonntag endlich wieder in Leipzig sehr verspätet und leicht genervt ankam, fielen mir erneut die Plakate und die frechen Aufschriften ins Auge. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits den Plan, dieselbe Strecke in ein paar Wochen noch einmal zu fahren, wollte nach diesen Katastrophen-Erfahrungen allerdings auf die Bahn zurückgreifen. Zu Hause angekommen und noch immer den neuen Anbieter im Gedächtnis, suchte ich die entsprechende Fahrt auf der Website des neuen Fernbus-Anbieters und fand diese auch zu einem sehr günstigen Preis. Ob ich bessere Erfahrungen machen werde, wird sich zeigen. Durch die miserable Durchführung des Platzhirsches und die freche und auffällige Werbung des neuen Players im Markt wurde ich allerdings zum Wechseln animiert. Deswegen, Glückwunsch neuer Anbieter, durch schlaues Marketing habt ihr einen neuen Kunden gewonnen.

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