Kolumne

Gehört das noch zum guten Kundenerlebnis oder ist das schon Spam?

Veröffentlicht: 06.09.2019 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 06.09.2019
Hand legt Bewertungssterne

Vor Kurzem habe ich in einem Online-Shop einen Laptop gekauft. Dazu hatte ich mich auch im Shop registriert, denn ein eigenes Kundenkonto erschien mir bei so einer teuren Anschaffung sicherer. So könnte ich vielleicht den Bestellprozess vereinfachen, ihn besser nachverfolgen oder bei Komplikationen gegebenenfalls gut mit dem Unternehmen interagieren, dachte ich mir. Leider wusste ich nicht, was für ein Fass ich damit aufmachte.

E-Mails ohne Ende

Innerhalb von zwölf Tagen wurde der Fassinhalt nämlich, gefühlt, gänzlich in mein E-Mail-Postfach umgefüllt. Zur Registrierung, Bestellung, zur Zahlung und zum Versand sowie zur Anmeldung für eine Garantie erhielt ich sechs E-Mails allein vom Anbieter, hinzu kamen weitere Benachrichtigungen: eine vom Bezahldienst sowie zwei vom Logistiker. 

Damit nicht genug, denn ich sollte außerdem auch direkt nach dem Kauf den Einkauf bewerten, so forderte mich eine weitere E-Mail auf, da hielt ich das Produkt noch gar nicht in der Hand. Erschien mir also auch erstmal nicht ganz so passend, hier schon eine Rezension zu verfassen. Vier Tage später trudelte dann eine Gutscheinaktion in mein Postfach, zwei Tage darauf wurde ich darum gebeten, den Kundenservice zu bewerten, nochmal drei Tage später erhielt ich den Hinweis, dass ich versandkostenfrei shoppen kann und wiederum drei Tage später kam erneut die Frage, ob ich nicht nochmal den Einkauf bewerten könne. 

Bewertungen sind super

Sowohl Händler als auch Kunden profitieren sehr von einer guten Empfehlung. Diese kann sogar mehr wert sein als eine tolle Produktinformation. Zum Erfolg durch Bewertungen gibt es diverse Studien, zum Beispiel diese. Plattformen wie Yelp, Yext oder Tripadvisor leben von Nutzerbewertungen, Google und Amazon bieten Händlern bzw. Unternehmen aus eben diesem Grund diverse Möglichkeiten, Produkte direkt zu rezensieren. Daher erscheint es richtig und wichtig, Kunden eine simple Möglichkeit zur Einschätzung des Einkauferlebnisses und des Produkts beim Händler zu hinterlassen.

Ich war beispielsweise sehr zufrieden mit dem Einkauf. Die Bestellung ging leicht, das Gerät wurde schnell geliefert, alles war unbeschädigt angekommen und funktionierte. Und sicher, ich habe in dem Kundenkonto bestimmt irgendwo zugestimmt, dass ich nun Aktionen und Informationen vom Shop erhalte. Sehr gerne bewerte ich also ein Produkt und den Service.

Bewertung – was funktioniert und was nicht

Allerdings sollte man dann vielleicht beim Bestellprozess prüfen, wie häufig man Kunden Informationen zusendet. Sind bereits für den Bezahl-, Versand- und Garantieprozess sehr viele E-Mails erforderlich (vielleicht auch, obwohl es ein Kundenkonto gibt), ist es wahrschienlicher, dass weitere Anfragen im Postfach entweder unberücksichtigt bleiben oder, bei Mehrfachversand, schlicht nerven. Leider war es auch so, dass in zwei der drei E-Mails mit einer Bewertungsbitte die Möglichkeit fehlte, die Zusendung solcher Anfragen künftig abzubestellen. 

Dabei muss ein Händler gerade bei solchen Bewertungsanfragen aufpassen, dass er sich im rechtlichen Rahmen bewegt. Der Bundesgerichtshoff etwa hatte im vergangenen Herbst ein Urteil dazu gesprochen, dass für die Zusendung von Werbung eine Zustimmung vorliegen müsse und dies sei beispielsweise auch der Fall, wenn der Kunde um eine Rezension gebeten wird. Hieraus kann also unter Umständen ein Abmahnrisiko entstehen, beispielsweise darf die Anfrage zur Bewertungsabgabe nicht noch zusätzliche Anreize bieten

Auch zeigt eine aktuelle kanadische Studie, über die u. a. der Deutschlandfunk berichtete, dass gar nicht jede Form einer Bewertung von Kunden tatsächlch als hilfreich eingestuft wird. Im Idealfall steht diese nicht in der Ich-Perspektive und ist weder zu kurz noch zu emotional, auch negative Rezensionen seien demnach oft nicht zielführend. So wirkt es vor diesem Hintergrund weniger sinnvoll, dass jemand – etwas genervt von der E-Mail-Menge im Postfach nach einem längeren Bestellprozess und ohne das Produkt in den Händen zu halten – ein paar Sterne anklicken und/oder „tolles Produkt, toller Service“ in ein kleines Freitext-Feld tippen soll. Unterm Strich ist es eher verschenktes Potential, wenn ein sehr gutes Einkaufs- und Kundenerlebnis durch eine solche Masse an Nachrichten getrübt wird.

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