Kolumne

Toleranz ist keine Option, sondern eine Verpflichtung

Veröffentlicht: 08.11.2019 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 08.11.2019
Viele Menschen

Eigentlich sollte Toleranz gegenüber anderen Menschen eine Selbstverständlichkeit sein. Doch das ist sie nicht. Schlimm genug. Das Leben zeigt: Auch bei Institutionen von öffentlichem Interesse – etwa Prominenten oder Unternehmen – offenbaren sich hin und wieder engstirnige Meinungen oder diskriminierende Äußerungen.

Manchmal passiert das aus sprachlicher Unbedarftheit. Manchmal aus Blauäugigkeit oder Unwissenheit. Und manchmal geschieht die Verbreitung von Intoleranz, Homophobie oder Diskriminierung aus tiefster Überzeugung – so etwa wie beim Pastahersteller Barilla.

Ein Shitstorm für Barilla

Der Chef des italienischen Nudelunternehmens, Guido Barilla, gab im Jahr 2013 ein verheerendes Interview, in dem er sich nicht nur altbacken, sondern sogar homophob äußerte. „Die Familie, die wir ansprechen, ist die klassische Familie, in der die Frau eine fundamentale Rolle spielt, sie ist die Mutter und das Zentrum der Familie“, zitierte die Welt den Manager damals. Eine Einstellung, die im Nachgang vollkommen zurecht als „mittelalterlich“ und „deprimierend“ kritisiert wurde.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde schnell klar: Nicht alle Kosumenten, darunter etwa homosexuelle Kunden, passen ins Familienbild des Nudelkonzerns. Das muss man erstmal verdauen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Shitstorm, der dem Nudelproduzenten daraufhin entgegen schlug, war hausgemacht. Obwohl sich Barilla im Anschluss entschuldigte, hielt man aber nach wie vor an einem „traditionellen Familienbild“ fest – weil dieses (und wahrscheinlich war eher gemeint „dieses allein“) ein „Symbol für die Liebe“ sei.

Barilla plötzlich queer?

Zum Thema Werbespot mit homosexuellen Familien sagte Guido Barilla damals: „Nein, so einen Werbespot würden wir nicht machen. Unsere Familie ist eine traditionelle Familie.“ Umso erstaunter dürfte der ein oder andere sein, dass Barilla nun umlenkt und einen Spot herausbringt, der Menschen in den Fokus stellt, die Barilla in der Vergangenheit so ganz und gar nicht als traditionell einstufte: Dragqueens und Transsexuelle. Garniert wird das Video, in dem es darum geht, dass sich Familie und Freunde zum Essen treffen, mit keiner Geringeren als der Filmdiva Sophia Loren.

Was sagt uns dieser Umschwung? Kann ein solcher Versuch, das eigene Image zu verändern, gelingen? Ist er notwendig? 

Dass er absolut und unbedingt notwendig ist, steht in meinen Augen vollkommen außer Frage. Denn wer als Unternehmen im Licht der breiten Öffentlichkeit steht, sollte sich bewusst sein, dass er eine Aufgabe hat: Und die besteht nicht nur darin, die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen, sondern auch darin, Werte zu vermitteln.

Willkommen im 21. Jahrhundert!

Es sollte nicht nur zum guten Ton gehören, sich als Unternehmen für Werte wie Toleranz und Nachhaltigkeit einzusetzen. Es sollte ein inneres Pflichtgefühl geben, das Unternehmen dazu treibt, sich entsprechend einzusetzen. 

Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Unternehmen in jüngster Zeit in ihren Werbespots und Kampagnen darauf achten, die Vielfalt oder auch Diversität der eigenen Kunden darzustellen – und diese auch zu feiern. Und das sollten sie auch! Denn schließlich sind Kunden die Basis – ganz egal, was man verkauft oder in welchem Segment man unterwegs ist. Ohne Kunden keine Geschäfte. Ohne Kunden keine Zukunft.

Wer Minderheiten oder Gruppen von Menschen diskriminiert, sollte seine Ansichten jedoch nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus moralischer Sicht dringend hinterfragen. Denn wir leben im 21. Jahrhundert. Willkommen! Diskriminierung sollte längst als gesellschaftliches Relikt gelten. Und obwohl es das leider nicht ist, sollten entsprechende Handlungen von den Kunden unbedingt und strikt geahndet werden. Im Gegenzug dazu sollten Unternehmen, die sich für eine bessere, offene, tolerante, nachhaltige Welt einsetzen, mit leidenschaftlichen Kunden und Erfolg belohnt werden.

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