Kommentar

Ohne Tracking geht es eben nicht

Veröffentlicht: 10.12.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 10.12.2019
Kundin mit Smartphone im Geschäft

Es gibt Metriken, die für Online-Händler überaus wichtig sind, um ihr Geschäft zu verbessern oder erst einmal überhaupt auswerten zu können. Durchschnittliche Warenkorb-Werte, Zeit im Online-Shop, aber auch Anzahl der Kunden und Kaufabbrecher sind wichtige Zahlen, um eventuelles Ausbaupotenzial offenzulegen. Sowieso freut sich doch jeder Geschäftsmann, wenn er sehen kann, wie viele Menschen er mit seinem Unternehmen nun erreicht. 

Doch gerade beim Thema Kunden-Tracking ist der Online-Handel leicht in Verruf geraten. Schnell wird vom „Gläsernen Kunden“ gesprochen, der in der formvollendeten Analyse dann nur noch mit personalisierten Angeboten empfangen wird. Schnell ist die Brücke geschlagen zu Fragen wie „Wie viel Entscheidungsfreiheit gibt es im Online-Handel überhaupt noch?“ und „Wie viel weiß das Unternehmen eigentlich über mich?“

Und dann kam das Smartphone

Aber auch im stationären Geschäft kommen Analyse-Techniken zum Einsatz, um die Kundenströme und das Einkaufsverhalten zu untersuchen. Und das nicht erst seit Kurzem: Infrarot-Schranken, die die Besucherzahlen in einem Geschäft ermitteln, gibt es beispielsweise schon seit rund 20 Jahren, wie die Frankfurter Rundschau kürzlich berichtete. Forscher gehen davon aus, dass alle größeren Einkaufszentren in Deutschland die Besucherströme messen. Die Aufregung darüber bleibt aber aus – sicherlich auch, weil sich nur anhand der Information, dass eine Person ein Geschäft betritt, keine Verbindung zu dem einzelnen Menschen bilden lässt.

Und dann kam das Smartphone: Für die Kunden ein nützliches Gerät im Alltag, für die Geschäfte eine (mehr oder weniger) persönliche Erkennungsmarke. Es gibt Geschäfte, die deshalb WLAN-Router aufstellen, um die Bewegung des Smartphones – und damit auch seines Nutzers – durch die Abteilungen zu verfolgen. Zwar ruft der Router nur die MAC-Adresse des Smartphones ab und hat keinen Zugriff auf die Telefonnummer, den Namen des Besitzers oder andere persönliche Daten. Doch damit wird der Gang durch das Geschäft eben weit weniger anonym, als viele bisher dachten.

Ist das eine Kamera?

Aber es geht noch einen Schritt weiter: Über Kameras lassen sich ebenfalls Kunden zählen und Aktionen verfolgen. Obwohl diese Technik in Deutschland Experten zufolge noch eher unüblich ist, lässt mich ein Aspekt durchaus nachdenken: Schon seit jeher sind Kameras in Geschäften verbaut und werden auch schlichtweg akzeptiert und schon gar nicht mehr wahrgenommen. Dass diese Kameras eben nicht nur dem Diebstahlschutz, sondern auch der Kunden-Analyse dienen könnten – dieser Gedanke kommt bestimmt nicht vielen Kunden.

Dabei ist doch völlig klar, dass nur der Händler sein Geschäft optimieren kann, der sein Geschäft genau kennt. Und dazu gehören eben auch die Kunden. Der DHDL-Investor Ralf Dümmel ist bekannt für seinen Satz: „Wir können das Produkt nur in den Laden tragen, heraustragen muss es dann der Kunde.“ Das ist korrekt, aber wenn der Händler eben nicht untersucht, wieso die Kunden das Produkt mitnehmen oder eben nicht, kann er seinen Absatz nicht im optimalen Ausmaß steigern.

Es ist also nicht immer der böse Online-Handel: Auch im stationären Geschäft werden Kunden analysiert. Oft, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Denn anders als die Online-Händler müssen die stationären Einzelhändler nicht jedem Kunden einen Cookie-Banner und eine Datenschutz-Erklärung unter die Nase halten – noch nicht.

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