Traditionelles Handwerk im Netz

„Unser Spezialgebiet ist Schinken, entsprechend wenig Ahnung haben wir vom Online-Marketing“

Veröffentlicht: 11.01.2021 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 11.01.2021
Christian Braasch Inhaber Familienbetrieb

Die Corona-Krise verlangt insbesonderen Unternehmen, die vom stationären Verkauf leben, viel ab. Gerade erst haben Bund und Länder erneut schärfere Maßnahmen beschlossen, die neben einer weiter andauernden Schließung von Geschäften auch Reise- und Kontaktbeschränkungen beinhalten.  

Einige Händler und Marken konnten dabei bereits Lösungen finden, um in der Krise zumindest profitabel zu bleiben – etwa durch die Umstellung des Sortiments, von Kleidung zu Masken oder von Hochzeitsbüchern zu Corona-Tagebüchern.

Ein wesentlicher Schritt besteht jedoch auch darin, sich dem veränderten Konsumverhalten anzupassen und etwa vermehrt online die eigenen Waren anzubieten. Das hat auch ein Familienbetrieb aus Ostholstein getan, der Räucherschinken verkauft. 

Traditionsschinken aus Holstein 

Seit über 330 Jahren stellt Familie Braasch im ostholsteinischen Harmsdorf Schinken- und Wurstwaren her. Mehrere Generationen arbeiten in dem Familienbetrieb und haben sich einem traditionellen Räucherhandwerk verschrieben. Herzstück des Unternehmens ist eine historische Kate – ein Reetdachhaus ohne Schornstein, das 1663 erbaut wurde. In dieser Kate wird Schinken etwa vier Monate lang über Buchenholzrauch bei etwa 16 bis 18 °C geräuchert. Und zwar nicht das ganze Jahr über, denn traditionell wird nur vom Gallustag, 16. Oktober, bis zum Büdeltag, 15. Mai, geräuchert. In dieser Zeit hängen rund 1.200 Schinken an der Decke der Kate. Anschließend trocknet der Schinken monatelang an der Luft. Heraus kommt eine Delikatesse, der Original Holsteiner Katenschinken. 108 Euro kostet der acht Kilogramm schwere Fleischgenuss. 

Daneben werden auch weitere Holsteinische Räucher- und Wurstspezialitäten nach alten Rezepturen kreiert – ohne Zusatz- oder Konservierungsstoffe. „Die Räucherkate ist keine Maschine, die jeden Schinken zu 100 Prozent gleich macht, sondern es geht um handwerkliche Räucherkunst“, wie Inhaber Christian Braasch im Image-Film des Unternehmens betont: 

Einkauf als Erlebnis vor Ort

Zu den Kunden von Braasch’s Schinkenräucherei zählen Hotels, Restaurants und Firmen – sowohl in Deutschland als auch darüber hinaus. Aber auch zahlreiche Privatkunden, darunter viele Ostsee-Urlauber, kommen normalerweise im Ladengeschäft oder auf dem Hof vorbei, wo sie ein besonderes Einkaufserlebnis erwartet. Sie können die Produkte nicht nur mit allen Sinnen erleben und deren Anblick, Duft und Geschmack der Räucherwaren auskosten, sondern beispielsweise auch die ehrwürdige Kate besichtigen. 

Die Corona-Krise schränkte diesen Vertriebsweg allerdings merklich ein: „Unser Ladengeschäft hat durch die Corona-Maßnahmen im Frühjahr starke Einbußen verzeichnet“, so Christian Braasch gegenüber OnlinehändlerNews. Das Unternehmen musste umdenken: „Im Zuge der Corona-Krise blieb uns dann gar nichts anderes übrig, als verstärkt auf das Online-Geschäft zu setzen, um den stationären Umsatzausfall aufzufangen.“

Seit 2010 im Online-Handel

Grundsätzlich ist dem Familienunternehmen das Online-Geschäft nicht gänzlich fremd, denn es betreibt diesen bereits seit mehreren Jahren: „Unseren Online-Shop gibt es tatsächlich schon seit rund 20 Jahren, also seitdem Kunden danach gefragt haben. Wir haben im Online-Handel damals schon eine gute Möglichkeit gesehen, zusätzliche Kunden zu erreichen. Zudem war es für uns wichtig, eine Alternative zu klassischer Printwerbung zu haben“, erinnert sich Christian Braasch. Auch einen Facebook-Auftritt wird seit mehreren Jahren gepflegt.

online shop braaschs schinkenräucherei screenshot

Doch aufgrund der merklichen Rückgänge im Geschäft galt es, die Online-Präsenz deutlich zu erweitern. Dafür suchte sich das Unternehmen professionelle Unterstützung von der Frankfurter Werbeagentur ZweiDigital. „Unser Spezialgebiet ist Schinken, entsprechend wenig Ahnung haben wir vom Online Marketing“, räumt der Unternehmer ein. 

Tradition & Facebook als Basis für mehr Reichweite

Als Hauptziele definiert wurden dabei sowohl die Neukundenakquise als auch, die Marke Braasch als Qualitätsprodukt überregional bekannt zu machen. Dafür hat sich die Agentur zunächst auf die Ansprache von Shop-fremden, potenziellen Interessenten fokussiert. Dabei kam der Räucherei auch die eigene, große organische Reichweite auf Facebook zugute. Diese konnte als Basis für erfolgreiche sogenannte Lookalike-Kampagnen dienen: So lässt sich im Werbeanzeigenmanager von Facebook eine bestimmte Zielgruppe (Audience) erstellen, die bereits bestehenden Kunden bzw. Fans ähneln. Diese Personengruppe hat beispielsweise ähnliche demografische Daten oder Interessen und kann so auf das Produkt aufmerksam gemacht werden.

Beispiel Facebook-Anzeige / Bild: ZweiDigital

In Bezug auf die Gestaltung von Werbeanzeigen galt es, sich die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens zunutze zu machen – das familiäre Team und die Produkte mit jahrhundertelanger Geschichte. „Bei den Anzeigentexten wird der Fokus auf Qualität und langjährige Tradition gelegt, um den Trust hochzuhalten“, so Philipp Reittinger, Mitgründer und Geschäftsführer von ZweiDigital zur Vorgehensweise. Vertrauen ist gerade im Online-Handel ein besonders hohes Gut. „Der größte Unterschied zu anderen Online-Auftritten ist die Authentizität der Produkte und des Teams. Zum Beispiel, die Selbstverständlichkeit, dass der Begriff ,Katenschinken‘ als Aushängeschild fungiert und im Grunde ein einzigartiges Produkt darstellt.“ Neben Anzeigen auf Facebook wurde auch Google als Werbeplattform genutzt. Beide Kanäle empfand Christian Braasch als „herausragende Alternative zu klassischen Werbeformen wie Print, die extrem teuer geworden sind.“ 

Inmitten der Pandemie häuften sich indes auch Meldungen über Skandale in Fleischbetrieben. Davon habe man sich jedoch nicht beeinflussen lassen. „Da die Braasch-Produkte regional und traditionell hergestellt werden, hat man keine Parallelen zu den Unternehmen, die in diese Skandale verwickelt waren oder sind. Außerdem ist es Braasch als langjähriges Familienunternehmen sehr wichtig, hochqualitative Waren von motivierten und wertgeschätzten Mitarbeitern herstellen zu lassen“, so der Agenturchef. 

„Wir mussten zusätzliche Mitarbeiter einstellen“

Die passende Strategie zu finden, gestaltete sich, wie so oft, als ein fortwährender Prozess. Zunächst hatten sich beide Parteien auf eine Testphase geeinigt – deren Ergebnisse hatten die Erwartungen der Schinkenräucherei aber „sogar übertroffen“. Während das stationäre Geschäft zurückging, wuchs das Online-Geschäft nicht zuletzt dank der gesteigerten Investitionen ins Marketing stark an. Die Kosten dafür belaufen sich auf einen unteren fünfstelligen Betrag, der sich ausgezahlt habe: Seit März konnte ein deutliches Kundenwachstum verzeichnet werden. „Wir haben durch die Maßnahmen im Online-Marketing zahlreiche neue Kunden hinzugewonnen und mussten zusätzliche Mitarbeiter einstellen, um das Bestellaufkommen zu stemmen“, so Christian Braasch. Mit dem Umsatz sei er „sehr zufrieden“. Einen imposanten Eindruck von den zahlreichen Bestellungen, die das Unternehmen rund um Weihnachten auslieferte, vermittelt etwa auch ein Facebook-Post: 

ZweiDigital will zusammen mit dem Familienbetrieb auch in Zukunft Maßnahmen erarbeiten und weiterentwickeln, damit der Betrieb in Zukunft breiter aufgestellt und nicht mehr so stark von dem örtlichen Tourismus und dem lokalen Ladengeschäft abhängig ist. „Künftig werden nun immer mehr Aktionen und Angebote geplant, die zu den jeweiligen Jahreszeiten passen und dafür sorgen, dass die Frequenz im Shop hoch bleibt“, so Philipp Reittinger. Angedacht sind etwa zwei bis drei Kampagnen im Monat. Der Traditionsunternehmer freut sich darauf: „Wir haben Lust, auch in Zukunft Kampagnen zu entwickeln, mit denen wir potenzielle Kunden noch besser erreichen und somit weitere Umsätze generieren können.“ 

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