Verdacht der Staatsanwaltschaft

Wirecard soll seit 2014 Zahlen gefälscht haben

Veröffentlicht: 03.07.2020 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 03.07.2020
Wirecard-Logo

Wirecard hat offenbar viel länger schon falsche Zahlen vorgelegt, als bisher bekannt war. Die Staatsanwaltschaft München I, die den mutmaßlichen, groß angelegten Betrug bei dem insolventen Zahlungsdienstleister untersucht, geht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR davon aus, dass die Führungsriege des Zahlungsdienstleisters sich bereits im Jahr 2014 dazu entschlossen habe, „mit vorgetäuschten, also erfundenen Einnahmen die Umsätze und Erlöse künstlich aufzublähen“.

Nun steht der Verdacht im Raum, dass Wirecard bereits in der Jahresbilanz 2015 mit falschen Zahlen gearbeitet habe. Die Annahmen der Staatsanwaltschaft beruhen laut Süddeutscher Zeitung „auf zahlreichen internen Unterlagen von Wirecard“. Zuletzt hatten die Wirtschaftsprüfer von EY, die jahrelang die Bilanzen des Zahlungsdienstleisters testiert hatten, die Bilanz für das Jahr 2018 angezweifelt. 

„Das ist kollektive Unverantwortlichkeit“

Die Wirtschaftsprüfer und die anderen Kontrollorgane wie etwa die Bafin waren in den vergangenen Wochen kritisiert worden, weil sie die Unstimmigkeiten in der Bilanz des Zahlungsdienstleisters nicht bemerkt hatten. „Sollten die bisherigen Erkenntnisse und Verdachtsmomente der Ermittler zutreffen, dann hätten alle Aufsichtsorgane und Prüfer ein halbes Jahrzehnt lang nicht bemerkt oder wahrhaben wollen, was sich bei Wirecard abspielte“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. 

Die Rolle der Wirtschaftsprüfer und Behörden ist inzwischen auch in den Fokus der Politik gerückt. „Das ist kollektive Unverantwortlichkeit“, erklärte am Donnerstag Danyal Bayaz (Die Grünen) in einer aktuellen Stunde des Bundestages zu dem Fall, so Heise Online. Forderungen nach einer Reform der Finanzaufsicht wurden laut.

Jan Marsalek ist weiter auf der Flucht

Die Bafin steht vor allem in Erklärungsnot, weil sie 2019 nicht etwa gegen Wirecard ermittelte, sondern mehrere Börsenhändler und zwei Journalisten der britischen Financial Times anzeigte, die jahrelang über Unstimmigkeiten bei dem Zahlungsdienstleister berichtet hatten – und auch hier schon Schein- und Briefkatenfirmen erwähnten. Über eine Briefkastenfirma auf Mauritius sollen 315 Millionen Euro abgeflossen sein, wie nun bekannt wurde. Wo sich das Geld befindet, ist unklar. 

Unklar ist auch, wo sich Jan Marsalek aufhält. Der ehemalige Wirecard-COO befindet sich auf der Flucht und soll sich in China aufhalten, wie es zuletzt hieß. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Marsalek, den ehemaligen Wirecard-CEO Markus Braun und weitere Manager des Unternehmen wegen Veruntreuung von Finanzvermögen, Marktmanipulation und Bilanzfälschung.

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