Volker Koppe, Head of Digital bei Visa, im Interview

„Das Bezahlen rückt zunehmend in den Hintergrund“

Veröffentlicht: 22.03.2021 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 22.03.2021
Volker Koppe

Die Coronakrise hat die Handelslandschaft stark verändert. Auch im Payment-Bereich hat die Pandemie für starke Bewegungen gesorgt, dazu kommen auch neue Vorgaben zur Zahlungssicherheit. Wir haben mit Volker Koppe, Head of Digital, Central Europe, bei Visa über die Neuerungen in diesem Bereich gesprochen und geklärt, welche Trends in diesem Jahr für Händler wichtig werden.

OnlinehändlerNews: Wie hat sich die Coronakrise auf die Payment-Branche und die Bezahlung im Handel ausgewirkt?

Volker Koppe: Der Trend zum digitalen Bezahlen hat sich innerhalb des letzten Jahres definitiv beschleunigt. Daten aus dem Visa Netzwerk zeigen, dass der Online-Umsatz in über zehn europäischen Ländern im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent gestiegen ist. Auch im stationären Handel lässt sich diese Entwicklung beobachten: Immer mehr Menschen bezahlen nun mit der Karte – mittlerweile ist sie sogar das beliebteste Zahlungsmittel in Deutschland. Aufgrund der Hygiene- und Abstandsregelung greifen immer mehr Verbraucher:innen dabei gerne auf das mobile Bezahlen mit dem Smartphone zurück, da sie sich hier nur am Smartphone und nicht am Zahlungsterminal authentifizieren müssen.

Diese Entwicklungen beobachten wir aber nicht nur bei großen Läden – auch Kleinunternehmen berichten von einer steigenden Nachfrage nach digitalen Bezahlmöglichkeiten und rüsten entsprechend auf. Über die Hälfte (55 %) aller Händler:innen berichten, dass Kund:innen nun öfter per Karte bezahlen möchten als noch vor einem Jahr. Mittlerweile gibt es auch für Kleinunternehmen viele flexible Lösungen von Anbietern wie SumUp oder iZettle, aber auch integrierte Lösungen in Kassensystemen wie die von ready2order oder orderbird.

Die Vielfalt im Checkout steigt

Kontaktlose Bezahloptionen haben sich in den vergangenen Monaten stärker im Markt etabliert. Wie schätzen Sie die Entwicklung in den kommenden Jahren ein?

Gerade das kontaktlose Bezahlen ist europaweit stark angestiegen, über 80 Prozent der Visa Transaktionen erfolgen inzwischen kontaktlos. Vor allem beim mobilen Bezahlen mit Smartphone und Wearables wie Fitness-Uhren sehen wir großes Wachstumspotenzial. Zusätzlich werden sich vermutlich Modelle etablieren, bei denen auch im stationären Handel eine E-Commerce-Transaktion ausgelöst wird. 

Auf welche Bezahloptionen dürfen Händler heutzutage nicht mehr verzichten?

Es gibt mittlerweile eine ganze Bandbreite an verschiedenen Angeboten, aus denen Händler:innen wählen können – sie unterscheiden sich im Hinblick auf die anfallenden Kosten und das vom Händler ggf. zu übernehmende Risiko. Und gerade im Bezahlbereich hat es in den letzten Jahren viele Innovationen gegeben, die die Auswahl noch größer machen: Während im stationären Handel vor allem kontaktlose Karten die Zahlungsabwicklung beschleunigt haben, war der E-Commerce-Bereich geprägt von einer zunehmenden Vielfalt im Checkout. Neben Wallets wie Paypal oder Paydirekt haben sich Onlinebanking-basierte Systeme wie Sofort oder sogenannte „Buy Now Pay Later“-Angebote wie Klarna etabliert.

Doch wir sehen, dass gerade das Akzeptieren von internationalen Bezahlkarten wie Visa unerlässlich geworden ist, denn so erschließt sich der Handel Kund:innen weltweit. Auch bieten nun immer mehr deutsche Banken Debit-Produkte an – vor Kurzem startete zum Beispiel comdirect mit der Ausgabe von Visa Debitkarten als Standardkarte zum Konto, und weitere Banken werden dieses Jahr folgen. Damit erhalten immer mehr Verbraucher:innen Karten, die auch online und in Apps eingesetzt werden können – und diese wollen sie auch einsetzen. 

Die PSD2 sorgt für einige Herausforderungen

Was sind die größten Herausforderungen im Payment-Bereich, denen sich Händler stellen müssen?

Die eben erwähnte Vielfalt ist sicherlich ein Vorteil für Konsument:innen. Trotzdem kann die Payment-Landschaft für sie unübersichtlich sein, da verschiedene Bezahlverfahren miteinander konkurrieren. Das breite Angebot bietet zwar eine große Auswahl, aber natürlich muss man sich mit den verschiedenen Optionen erstmal vertraut machen. Und aktuell gibt es eine weitere große Änderung: Ab dem 15. März gelten die Sicherheitsanforderungen der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 für alle Zahlungen. Dadurch, dass Kund:innen sich jetzt zweifach authentifizieren müssen, kann es zu Kaufabbrüchen kommen, da die Prozesse zunächst komplex erscheinen oder sie den Methoden nicht vertrauen. Deswegen ist es wichtig, hier kundenfreundliche Lösungen zu bieten. Das neue 3DS 2.2 Verfahren ermöglicht erweiterte Möglichkeiten für einen reibungslosen Zahlungsablauf, durch Ausnahmeregelungen für Kleinbeträge oder sogenanntes Whitelisting. 

Eine weitere Erleichterung der Zahlungsabwicklung erwarten wir auch von dem Scheme-übergreifenden Bezahldienst Click to Pay. Hierbei handelt es sich um ein global verwendetes und einfaches Verfahren, das alle Vorteile einer Wallet-Zahlung für alle Debit- und Kreditkarten ohne Zusatzkosten bietet. Vor allem bekommen Kund:innen hiermit ein einheitliches Bezahlsystem, bei dem sie nicht bei jedem Kauf erneut ihre Kartendaten eingeben müssen. Das System wurde in anderen Ländern inzwischen erfolgreich eingeführt und steht Verbraucher:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ab Mitte des Jahres zur Verfügung.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Kund:innen ihre Kartendaten bereits bei einem Händler hinterlegt haben, es dann aber aufgrund abgelaufener Karten zu Kaufabbrüchen kommt. Die Prozesse für die Aktualisierung sind oftmals mühsam. Aktualisierungsservices wie der Visa Account Updater können helfen, die Gültigkeit der Kartendaten noch vor Einreichung der Bezahlung zu überprüfen, damit sich Verbraucher:innen nicht um eine manuelle Aktualisierung kümmern müssen – beispielsweise bei automatisch wiederkehrenden Abo-Zahlungen, wie sie mittlerweile für so viele Services üblich sind, wie zum Beispiel Netflix, Spotify oder Amazon Prime. Aber selbst Lebensmittel oder andere Alltagsgegenstände wie Hygieneartikel werden ja zunehmend im Abo bezogen. 

Der Umgang mit Zahlungen ändert sich

Welche Payment-Trends werden Händler im Jahr 2021 beschäftigen?

Die Auswirkungen der Krise beschäftigen uns auch noch in diesem Jahr und wir sehen zunehmend, dass die Digitalisierung in allen Bereichen voranschreitet. Nun fallen zunehmend auch die Hürden für die Kartenakzeptanz bei Klein- und Kleinstunternehmen. Die neue Visa Anwendung Tap to Phone gibt Händler:innen sogar die Möglichkeit, ihre eigene Hardware – also Smartphones oder Tablets – über zertifizierte Software in ein Bezahlterminal zu verwandeln und so ganz einfach Kartenzahlungen zu akzeptieren. Das ist ein ganz entscheidender Schritt, da nun auch Kleinstunternehmen, die den Prozess vorher vielleicht als zu umständlich empfanden, Kartenzahlungen akzeptieren können.

Im Online-Handel werden uns natürlich die Themen PSD2 und Click to Pay weiter beschäftigen. Generell sehen wir sowohl an der Ladenkasse als auch online, dass das Bezahlen zunehmend in den Hintergrund rückt. Es wird ein Teil des Kaufprozesses, der immer weiter integriert wird und immer intuitiver abläuft. Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei der Einführung von Bezahl-Tokens zur Erhöhung der Sicherheit und Verbesserung der Autorisierungsraten wider. Unser Ziel ist es, dass Verbraucher:innen sich weniger Gedanken um den Bezahlprozess machen müssen und sich darauf konzentrieren können, ihr gewünschtes Produkt beim Händler auszuwählen und zu bestellen.

Vielen Dank für das Gespräch!


Volker Koppe ist als Head of Digital, Central Europe, bei Visa verantwortlich für die Marktentwicklung und Einführung von Produkten und Services jenseits der Plastikkarte. Der Schwerpunkt liegt dabei aktuell auf tokenbasierten Bezahlservices. So hat er zuletzt mit Visa Emittenten in verschiedenen Märkten Apple Pay, Google Pay, Samsung Pay und Wearables eingeführt.

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