Vorsicht: Textilkennzeichnungspflicht auch bei "Spielzeug" möglich

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022

Fasertypen, Rohstoffzusammensetzung, Nettotextilgewicht - Die Kennzeichnung von Textilien nach dem Textilkennzeichnungsgesetz ist bisweilen umständlich für Händler. Manch ein Online-Händler könnte gut darauf verzichten und greift deswegen beim Verkauf auf Plattformen wie eBay oder Amazon gern mal in die Trickkiste.

Schlupfloch "Spielzeug" im Sinne der Textilkennzeichnungsverordnung

Zum Repertoire der von Online-Händlern angewandten Tricks gehört unter anderem, Produkte durch die Zuordnung zu einer bestimmten Produktkategorie oder mit bestimmten Beschreibungen rechtlich zu Spielzeug zu machen. Damit möchten die Händler Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung umgehen, die eigentlich eine Kennzeichnungspflicht von Textilprodukten vorschreiben.

Die seit dem 08.05.2012 zwingend umzusetzende EU-Verordnung räumt Herstellern und Händlern jedoch Ausnahmen von der Textilkennzeichnungspflicht ein. Eine dieser Ausnahme dient manchen als beliebtes Schlupfloch: Spielzeugprodukte gem. Ziff. 22 Anhang V der Verordnung. Durch die Zuordnung eines angebotenen Produkts als Spielzeug hoffen Händler, sich damit die durchaus lästigen Kennzeichnungen ersparen zu können. Doch nicht überall wo Spielzeug draufsteht, ist auch Spielzeug drin.

Die rechtliche Zuordnung eines Produkts zu "Spielzeug" ist unter Umständen schwierig.

Wann Spielzeug vorliegt, lässt sich allgemein aus der EU-Spielzeugrichtlinie ableiten. Nach § 1 Abs. 1 2. GPSGV sind Spielzeuge Produkte, die ausschließlich oder nicht ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden oder entsprechend gestaltet sind.

Wenn ein Textil jedoch gleichzeitig Spielzeug sein kann, ist die rechtliche Einordnung und damit die Frage nach einer Kennzeichnung nach der Textilkennzeichnungsverordnung schwierig.
Dieser Frage ging kürzlich das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt) nach.

Die Beurteilung des Landgerichts Frankfurt zur Frage der Zuordnung als "Spielzeug"

In seiner Entscheidung vom 14.06.2012 ( Az.: 2 – 03 O 183/12 ) hat das LG Frankfurt klargestellt, dass eine Umgehung von der Kennzeichnungspflicht durch die Deklaration als Spielzeug unzulässig ist.

Im vorliegenden Fall standen sich zwei Online-Händler vor Gericht gegenüber, die beide unter anderem Handschuhe über Online-Portale verkaufen.

Das LG hatte zu klären, ob die von der Gegenpartei auf Amazon angebotenen Handschuhe ohne entsprechende Textilkennzeichnung tatsächlich als ausgewiesenes Spielzeug zu betrachten seien oder ob die Kennzeichnungspflicht verletzt wurde. Die Beklagte verwies darauf, dass die Stoffhandschuhe von ihr unter der Kategorie "Spielzeug" angeboten wurden und es sich hierbei um "Partyzubehör" handele. Dies sah das LG anders.

Das Gericht entschied:

"Stoffhandschuhe sind auch nicht als "Spielzeug" im Sinne dieser Verordnung zu qualifizieren.
Die Handschuhe können für alle möglichen Zwecke genutzt werden, so auch zur Verkleidung, zum Zaubern, aber auch als Ergänzung einer Uniform.

Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die Handschuhe für längere Zeit - eben wie ein anderes Bekleidungsstück - auf der Haut getragen werden und daher - wie es bei Kleidungsstücken an sich - der Kunde darüber informiert sein soll, um welches Textilmaterial es sich handelt.

Davon unterscheidet sich üblicherweise Spielzeug, das nicht dazu bestimmt ist, über längere Zeit auf einer nicht zu vernachlässigenden Hautfläche getragen zu werden.

Gegen eine Einordnung als Spielzeug spricht auch die Tatsache, dass die Handschuhe wohl in Erwachsenengröße angeboten werden sowie die Bewerbung mit "Handschuhe weiß Deluxe".

Das LG stellt damit ausdrücklich klar, dass für die Bewertung eines Produkt als Spielzeug das konkrete Produkt und seine Beschaffenheit ausschlaggebend ist. Unerheblich ist dabei die Bewerbung des Produkts durch den Händler.

Fazit:

Nur "echtes" Spielzeug ist von der Kennzeichnungspflicht befreit. Bei Verkleidungen und sonstigen Kleidungsstücken ist die Zuordnung als "Spielzeug“ stets zweifelhaft.
Bei Grenzfällen wie dem vorliegenden sollte daher auf Nummer Sicher gegangen und nicht auf die Textilkennzeichnung verzichtet werden.

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