Interview

Abmahnungen wegen Google Fonts – Das müssen Webseitenbetreiber wissen

Veröffentlicht: 19.10.2022 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 21.11.2022
Google Fonts Logo auf Smratphone

Derzeit ist die Aufregung um eine Abmahnwelle groß: Webseitenbetreiber erhalten Post wegen der Verwendung von Google Fonts. Das besondere dabei ist, dass es sich nicht um Forderungen von Mitbewerbern handelt, sondern von Privatpersonen. Es geht nämlich um die Verwendung personenbezogener Daten. Wir haben uns zu dem Thema mit Rechtsanwältin Katharina Däberitz von der HB E-Commerce Rechtsanwaltsgesellschaft unterhalten und uns die Hintergründe erklären lassen. Die Rechtsanwältin hat für den Händlerbund schon mehrere Betroffene beim Umgang mit diesen ärgerlichen Schreiben unterstützt. 

Datenschutzverstoß durch dynamische Einbindung von Schriftarten

Redaktion: Woher kommt diese Abmahnwelle so plötzlich? Bis vor kurzem schien das Thema niemanden großartig zu tangieren.

Rechtsanwältin Katharina Däberitz: Hintergrund ist das Urteil des Landgericht München vom 20.01.2022 (Az. 3 O 17493/20). Das Gericht stellte fest, dass die dynamische Einbindung von Google Fonts und die damit verbundene Übertragung von personenbezogenen Daten in die USA ein Datenschutzverstoß sein kann, wenn vorher keine Einwilligung durch den Seitenbesucher eingeholt wird. In dem Fall wurde der Webseitenbetreiber zur Unterlassung, Auskunft und Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Dieses Urteil nehmen nun Privatpersonen zum Anlass und versenden Schadensersatzforderungen an Webseitenbetreiber, die Google Fonts dynamisch über die Google-Server einbinden und keine Einwilligung hierfür einholen. 

Redaktion: Versenden die Betroffenen die Schreiben selbst oder lassen sie sich von Anwälten vertreten? Wie viel Geld wird gefordert?

Rechtsanwältin Katharina Däberitz: Manche Betroffene lassen sich durch Anwälte vertreten. Es wird ein Schadensersatz in Höhe von 100 bis 200 Euro gefordert. Der Anspruch auf Unterlassung oder ein Auskunftsanspruch wird oftmals nicht geltend gemacht. Es kommt aber auch vor, dass sich Privatpersonen direkt per E-Mail an die Webseitenbetreiber wenden. Auch in diesen Fällen werden 100 Euro gefordert.

Verdacht des Rechtsmissbrauchs steht im Raum

Redaktion: Wie viele Abmahnungen werden verschickt?

Rechtsanwältin Katharina Däberitz: Auffallend ist, dass sehr viele dieser Schreiben von wenigen Personen verschickt werden. Uns selbst liegen beispielsweise von einer einzigen Person ca. 100 Anschreiben an Webseitenbetreiber vor. 

Redaktion: Das ist viel. Könnte man an dieser Stelle nicht sogar von einem Geschäftsmodell sprechen? Wäre das nicht rechtsmissbräuchlich?

Rechtsanwältin Katharina Däberitz: Wenn solche Briefe nur verschickt werden, um am Ende Geld zu kassieren, könnte tatsächlich ein Rechtsmissbrauch vorliegen. Allerdings ist hier eine pauschale Einschätzung nicht möglich. Das Problem ist nämlich, dass das Urteil nun einmal im Raum steht und die betroffenen Webseitenbetreiber tatsächlich über die Art und Weise der Einbindung von Google Fonts personenbezogene Daten in die USA leiten. Das ist unbestritten rechtswidrig. Selbst wenn man den Absendern nachweisen könnte, dass sie nicht zufällig auf solche Webseiten gehen, sondern sehr gezielt nach Möglichkeiten suchen, Schadensersatzforderungen stellen zu können, müsste man sich also mit dem Grund der Forderung auseinandersetzen, da dieser nun einmal begründet ist. 

Fazit: Forderungen nicht ignorieren

Redaktion: Wie sollte man sich also verhalten, wenn man solche Briefe erhält?

Rechtsanwältin Katharina Däberitz: Das Ganze einfach auszusitzen ist keine gute Idee. Die Forderungen sind zwar vergleichsweise gering, können aber einen teuren Rattenschwanz nach sich ziehen, wenn man nicht reagiert. Je nach Einzelfall kann man schauen, ob man den Konflikt durch einen Vergleich schnell beilegt oder eben doch versucht, die Forderung wegen Rechtsmissbrauchs abzuwehren. In jedem Fall sollte man sich rechtlichen Rat holen, da es kein Patentrezept im Umgang mit diesen Forderungen gibt. Parallel sollte man schauen, ob man Google Fonts nicht statisch, also lokal, einbindet oder eben eine Einwilligung einholen kann. 


katharina daeberitz

Katharina Däberitz ist bereits seit einigen Jahren für die Mitglieder des Händlerbundes da. Zunächst betreute sie Mitglieder im Rahmen der außergerichtlichen Rechtsberatung. Seit ihrem zweiten Staatsexamen vertritt sie nun Online-Händler als Rechtsanwältin der HB E-Commerce Rechtsanwaltsgesellschaft auch vor Gericht.  Außerdem kennt sie sich als zertifizierte externe Datenschutzbeauftragte (TÜV Nord) bestens mit der DSGVO aus.

Weitere Informationen rund um das Thema „Abmahnungen wegen Google Fonts“ erhälst du unter folgenden Links:

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