Haftung der Online-Enzyklopädie

Wikipedia-Autoren müssen sich an journalistische Spielregeln halten

Veröffentlicht: 18.12.2018 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 18.12.2018
Wikipedia-Seite mit Lupe

Ein Professor hat sich erfolgreich vor dem Landgericht Berlin gegen die Online-Enzyklopädie Wikipedia gewehrt: Über den Kläger existierte ein Artikel, in dem auch auf seine Forschungsarbeit eingegangen wurde. Der Professor forscht unter anderem auf den Gebieten der Spracherkennung, Sprachverarbeitung und Sprachübersetzung. Unter anderem hieß es dort: „Wie das ARD-Magazin Fakt berichtete, wurden Forschungen zur Analyse von massenhaft aufgezeichneten Sprachdaten von amerikanischen Geheimdienst- und Militärbehörden beauftragt und benutzt.” (Sendung vom 03. September 2013)

Der Professor sieht in diesem Beitrag seinem guten Ruf verletzt. Die Art der Darstellung sei dazu geeignet, ihn zu diskreditieren und seine Forschungsarbeit herabzusetzen. In Folge der Berichterstattung in „Fakt” hatte der Professor um eine Pressekonferenz gegeben. Bei seiner Forschung stand stets die Verwendung für humanitäre und medizinische Zwecke im Vordergrund.

Falsche Tatsachenbehauptung

Das Landgericht Berlin sah daher in der Darstellung im Artikel eine unwahre Tatsachenbehauptung. Es ginge nicht ausreichend hervor, dass die Sendung „Fakt” lediglich Verdächtigungen geäußert habe. Außerdem habe sich der Autor nicht ausreichend distanziert, sondern den Verdacht als Tatsache dargestellt. Hinzu kommt, dass aus dem Artikel nicht ausreichend hervorgeht, dass sich der Professor gegenteilig zu den Behauptungen geäußert hat. Der durchschnittliche Leser bekomme so den Eindruck, dass der Professor tatsächlich mit US-amerikanischen Steuergeldern die Behörden beim Spionieren unterstützt habe.

Journalistische Sorgfaltspflichten

Genau das hätte der Autor aber im Rahmen seiner journalistischen Sorgfaltspflichten feststellen müssen. Wichtige Quintessenz des Urteils ist nämlich, dass die Wikipedia-Autoren per Definition Journalisten sind. Daher sind an die Erfüllung der Recherchierungspflicht sogenannte pressemäßige Sorgfaltsanforderungen zu stellen. Zu den Sorgfaltspflichten gehört es zum Beispiel, Behauptungen mit privilegierten Quellen, wie etwa behördlichen Mitteilungen zu belegen. Im Prozess ist es Wikipedia jedenfalls nicht gelungen, die Wahrheit der Behauptung aus dem Artikel zu beweisen. Aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten konnte sich Wikipedia auch nicht darauf berufen, dass es nichts von gegenteiligen Darstellungen wusste.

Wikipedia als Störer

Außerdem haftet Wikipedia als Störer: Die Betreiber stellen die Enzyklopädie lediglich als Plattform zur Verfügung und haften daher nicht direkt für die Inhalte, die andere veröffentlichen. Gewissermaßen betreibt Wikipedia lediglich den zur Verfügung gestellten Speicherplatz. Erhalten sie allerdings – wie hier geschehen – Kenntnis von einem Rechtsverstoß auf ihrer Seite, müssen sie diesen beseitigen und dafür Sorge tragen, dass es nicht noch einmal zu einer Verletzung kommt.

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