Kommentar

Passt endlich die Gesetze der Realität an!

Veröffentlicht: 05.02.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 05.02.2019
Amazon-Kunden beim Einkauf

Für den Online-Handel ist es eine Hiobsbotschaft: Amazons Check-out verstößt gegen das Gesetz, weil in der Übersicht nicht alle wesentlichen Informationen angezeigt werden, bevor der Kunde auf den Kaufen-Button drückt. Diese Entscheidung des OLG München dürfte für alle Online-Händler relevant sein, denn sie beschäftigt sich mit dem grundlegenden Aufbau eines Check-outs – und der dürfte bei, wie ich vermute, nahezu allen Online-Händlern eben auch nicht sämtliche wesentliche Informationen enthalten. Was jetzt wesentlich ist und was nicht, ist ja sowieso umstritten.

Aber eigentlich müsste der Check-out ja auch gar nicht über jedes Detail umfangreich informieren. Mir als Kunde reicht eine kurze Übersicht mit einem Link auf das entsprechende Produkt, damit ich mich im Fall der Fälle nochmal genauer erkundigen kann. Eine Check-out-Seite, in der wirklich sämtliche Informationen über die Produkte aufgelistet werden, ist dabei einfach nur unübersichtlich und wenig brauchbar.

Sowieso: Um ein Produkt in meinen Warenkorb zu legen und zum Check-out zu bringen, gehe ich als Kunde über – richtig erfasst – die Produktdetailseite. Dort sehe ich ja eben alle Informationen über das Produkt und kann mich umfassend informieren. Wieso sollte ich die Informationen über das, was ich vor 30 Sekunden in den Warenkorb gepackt habe, dann im Check-out nochmal benötigen?

Im stationären Handel undenkbar

Gut, nun mag es Online-Shops geben, die über einen „In den Warenkorb”-Button in der Kategorie-Seite verfügen, auf der ich eben nicht alle Informationen angezeigt bekomme. Aber dann ist es meine Entscheidung als Kunde, ob ich diesen Button nutze oder mich vielleicht doch genauer über die Eigenschaften des von mir gewünschten Produktes informiere.

Vergleichen wir das einmal mit dem Einkauf im stationären Handel: Brauche ich ein Paar Bluetooth-Kopfhörer, renne ich den Elektronik-Markt, greife ohne genau hinzusehen das erste Paar Kopfhörer aus dem Regal, bezahle an der Kasse und stelle dann fest, dass das Produkt gar nicht über Bluetooth verfügt. Dann ist das ja wohl doch meine Schuld. Genauso wird der Mitarbeiter an der Kasse mir nicht alle Produkteigenschaften vorlesen, bevor ich bezahle – zum einen weil das unfassbar viel Zeit kosten würde, zum anderen weil er eben davon ausgehen kann, dass ich mich selbst vorher ausreichend informiert habe.

Die Gesetzgebung geht an der Realität vorbei

Wieso wird dem Verbraucher im Online-Handel dann die Fähigkeit abgesprochen, genau hinzuschauen? Ja, die Button-Lösung war notwendig. Und ja, eine Produktseite sollte natürlich alle wesentlichen Merkmale des Produkts aufführen, damit ich mich als Kunde so umfassend wie möglich informieren kann. Aber sobald ich das Produkt in den Warenkorb lege und zur Kasse bringe, braucht es diese Informationen meiner Ansicht nach an der Stelle nicht mehr – eine Verlinkung auf das Produkt wäre dann ausreichend, damit man eben im Zweifelsfall doch nochmal schnell draufschauen kann. 

Nun darf man den Richtern in München keinen Vorwurf machen: Sie haben im Fall von Amazon eben nach den Vorgaben des Gesetzes richtig entschieden. Der Fall zeigt aber eindrücklich, dass diese Gesetze eben ein wenig an der Realität vorbeigehen – und das sehr zu Lasten der Händler.

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