EuGH stärkt Rechte Betroffener

Facebook muss weltweit Hasskommentare suchen und löschen

Veröffentlicht: 04.10.2019 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.11.2020
Facebook unter der Lupe

Nachdem die österreichische Politikerin Glawischnig-Piesczek auf Facebook durch eine Nutzerin als „miese Volksverräterin” bezeichnet wurde, zog sie in den Rechtsstreit mit Facebook: Ihr ging es darum, Facebook zu verpflichten, dafür zu sorgen, dass solche oder sinngleiche Hasskommentare gegen ihre Person gelöscht werden. Und das weltweit. In Österreich hatte die Politikerin damit zunächst Erfolg. Allerdings legte Facebook Rechtsmittel ein und das Oberlandesgericht Wien verwies die Akte an den Europäischen Gerichtshof (wir berichteten). Dieser hat nun sein Urteil gefällt. 

Automatisierte Nachforschung muss möglich sein

Die Luxemburger Richter (Urteil vom 03.10.2019, Aktenzeichen: C‑18/18) stellten nun fest, dass Facebook von Gerichten dazu verpflichtet werden kann, weltweit nach beanstandeten Hasskommentaren zu suchen. Dabei geht es um Kommentare, die beispielsweise als Beleidigungen gelten und daher nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Hinzu kommt noch, dass die Plattform nicht nur nach identischen, sondern auch nach sinngleichen Kommentaren suchen muss. 

Der EuGH liefert auch gleich eine Definition von solchen Kommentaren: „Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu dem für rechtswidrig erklärten Inhalt dürfen jedenfalls nicht so geartet sein, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen.” Das bedeutet, dass ein Kommentar so ähnlich sein muss, dass er mit automatisierten Techniken gefunden werden kann. 

Gratwanderung mit EU-Recht

Normalerweise dürfen Hostprovidern wie Facebook laut der E-Commerce-Richtlinie (Richtlinie 2000/31/EG) keine allgemeinen Verpflichtungen auferlegt werden, aktiv nach rechtswidrigen Inhalten zu forschen. Der EuGH stellte aber auch fest, dass es zur Umsetzung nach Art. 18 E-Commerce-Richtlinie gehört, sicherzustellen, dass Betroffene mutmaßliche Rechtsverletzungen abstellen und verhindern können, bevor weiterer Schaden entsteht. Außerdem ging es in dem Fall auch nicht darum, Facebook eine allgemeine Pflicht aufzuerlegen; es ging um einen spezifischen Fall: „Um erreichen zu können, dass der Hosting-Anbieter jeden weiteren Schaden bei den Betroffenen verhindert, ist es unter diesen Umständen legitim, dass das zuständige Gericht von ihm verlangen kann, den Zugang zu gespeicherten Informationen, [...] zu sperren oder sie zu entfernen [...]”, lautet daher die Schlussfolgerung des Gerichts.

Update vom 13.11.2020: Urteil in Wien gefällt

Mittlerweile hat auch das Oberlandesgericht Wien seine Entscheidung in dem konkreten Fall gefällt und der klagenden Politikerin den Anspruch zugestanden.

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