Urteil des Amtsgerichts München

30-fache Preissteigerung nach Probeabo – Klausel unwirksam

Veröffentlicht: 16.12.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 16.12.2019
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Probeabonnements warten regelmäßig mit günstigen Konditionen auf – der Einstieg soll für Leser bzw. Nutzer schließlich attraktiv gestaltet werden. So sollte in einem Fall, mit dem sich kürzlich das Amtsgericht München auseinander setzte, der Testzeitraum von drei Monaten für einen Börsenbrief nur 9,99 Euro kosten. Ein Angebot, dass nur bis 23:59 Uhr desselben Tages gültig sei. Sollte die Kündigung nicht rechtzeitig erfolgen, wartete allerdings ein etwas höherer Preis auf Abonnenten: 1.298 Euro sollten dann für ein Jahr fällig werden. 

Die am AG München zuständige Richterin ließ diese automatische Verlängerung aber nicht durchgehen (Urteil v. 24.10.2019 – Aktenzeichen 261 C 11659/19). 

Klausel ist überraschend und unwirksam

Um nicht automatisch ein Abonnement für ein ganzes Jahr abzuschließen, hätte der Beklagte nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Berliner Firma, die den Börsenbrief herausgibt, sechs Wochen vor Ablauf der Frist seine Kündigung einreichen müssen. Kurz vor Ablauf der dreimonatigen Testphase meldete sich das Unternehmen beim Leser, der in diesem Verfahren der Beklagte ist, und stellte die 1.298 Euro in Rechnung. Der Beklagte versuchte noch zu widerrufen, das klagende Unternehmen akzeptierte seine Erklärung aber lediglich als Kündigung, die zum Ende des Jahresabonnements wirksam werden sollte. 

Der Beklagte war schließlich der Auffassung, dass diese vertragliche Gestaltung in den AGB allerdings unwirksam sei: Die Verlängerungsklausel wäre in dieser Form überraschend. 

Das BGB sieht vor, dass Klauseln, mit denen der Vertragspartner nicht zu rechnen braucht, auch nicht Bestandteil des Vertrags werden. Eine im Sinne des Gesetzes überraschende Klausel ist zum Beispiel gegeben, wenn für Leergut neben dem Pfand zusätzlich Mietkosten anfallen sollen oder zeitgleich abgeschlossene und sich aufeinander beziehende Verträge unterschiedliche Laufzeiten regeln. 

Im vorliegenden Fall hat sich das AG München der Auffassung des Beklagten angeschlossen. Wie es in der Pressemitteilung des Gerichts heißt, sehe die zuständige Richterin den Zahlungsanspruch als unbegründet an. 

 Verlängerung um 4-fache Zeit und 30-fachen Preis

Da die Klausel überraschend sei, wurde sie nicht Vertragsbestandteil – eine Verlängerung gab es damit also nicht, und der Vertrag endete nach dem Probezeitraum. Dass sich das Abonnement direkt um ein ganzes Jahr verlängere, falls nicht gekündigt wird, sei für sich genommen nicht überraschend. „Hier jedoch bedeutet die Verlängerung, dass sich der Vertrag um die vierfache Zeit für den dreißigfachen Preis verlängert“, wird die Richterin in der PM zitiert. Damit wiederum bräuchte der Vertragspartner nicht zu rechnen. 

Durch die Aufmachung der Internetseite, auf der das Probeabo beworben wurde, entstehe der Eindruck, dass Kunden unter Druck gesetzt werden sollen – „um dann im Falle eines unterbliebenen Widerrufs exorbitante Preissteigerungen geltend machen zu können“ heißt es weiter. Einen Hinweis, dass dann der bedeutend höhere Preis gelte und nicht die 9,99 Euro, die für den Probezeitraum angesetzt worden waren, habe sich hingegen nirgends gefunden. Dabei käme dies einer 30-fachen Preissteigerung im Hinblick auf einen Zeitraum von drei Monaten gleich. 

Der Beklagte hatte außerdem Zweifel an der Richtigkeit der Widerrufsbelehrung geäußert. Dies ließ das Gericht angesichts dessen, dass die Klausel ohnehin unwirksam war, aber dahingestellt.

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