Kuriose Urteile

Online-Händler ist nicht für beleidigende Texte auf Rap-CD verantwortlich

Veröffentlicht: 27.02.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 27.02.2020
Rapper

Händler haben von den Gerichten bisher wenig Rückendeckung erhalten und müssen daher sowohl für fehlerhafte Produkte, falsche Herstellerinformationen, die Aussagen der Konkurrenten (z. B. beim Anhängen über Amazon) oder für Softwarefehler haften. Eine klare Linie zieht nun jedoch das Amtsgericht München in einem kuriosen Fall.

Argloser Rap-Händler

Dass Rap-Texte nicht immer etwas für schwache Nerven sind, ist weitreichend bekannt. Dass ein Musikhändler nun jedoch die Mithaftung übernehmen soll, wenn ein Rapper es auf einer Musik-CD etwas übertreibt, kommt jedoch unerwartet. Genau das werfen die Töchter der bekannten Familie G. einem Händler aber vor. Der Rapper Jigzaw hatte seinen Unmut gegen die aus einer TV-Doku-Soap bekannten Töchter Luft gemacht. Die Unterlassungserklärung flatterte aber einem Münchener Online-Händler ins Haus, der die CDs nur vertrieben hatte.

375 Tage á 8 Stunden, um alle CDs zu kontrollieren

Das Landgericht München I hatte zuvor die Weiterverbreitung der Musik-CD verboten, da sie menschenverachtende und persönlichkeitsrechtsverletzende Textteile enthalte. Im nächsten Schritt wandten die zwei Töchter sich an den Händler, der die CDs vertrieb. Die klagende Familie hatte argumentiert, dass die Rechtswidrigkeit der Textzeilen auch für Laien ohne weiteres und sofort erkennbar gewesen sei. Wer riskiere, die von ihm angebotenen Produkte vorher nicht auf Rechtmäßigkeit zu prüfen, müsse die Folgen tragen.

Der verklagte Händler kann den Aufruhr nicht verstehen. Er habe nicht fahrlässig gehandelt: Bei etwa 2.000 ständig verfügbaren Titeln bei einer durchschnittlichen Länge von anderthalb Stunden hätte der Händler über 375 Tage lang jeweils acht Stunden lang gebraucht, um sämtliche Tonträger anzuhören. Die zuständige Richterin am Amtsgericht München sah das ebenso (Urteil des Amtsgerichts München vom 26. Juli 2019, Aktenzeichen 142 C 2276/19). 

Prüfpflichten: Ja, aber...

Ein Händler haftet nicht für Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf einer CD, wenn er keine Kenntnis vom Inhalt hatte. Dem Händler ist es nicht zuzumuten, jede von ihm vertriebene CD oder jeden Titel auf jegliche rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Das würde wegen des damit verbundenen immensen Aufwands sein Geschäftsmodell gefährden. Die Betroffenen können sich ausreichend wehren, indem sie gegen das Musiklabel oder den Künstler oder Interpreten vorgehen. Hierbei kann ein effektiver und umfassender Stopp des weiteren Vertriebs erreicht werden.

Ein Händler hat beim Verkauf von CDs aber sehr wohl gewisse Prüfpflichten. Dabei kann ihm zugemutet werden, dass er bei Kenntnis von Rechtsverstößen eine Überprüfung vornehmen muss, ob es durch einen Verkauf zu einer weiteren Verletzung kommt. Erst wenn der Händler darüber informiert werde, treffen ihn Handlungspflichten, bei deren Nichteinhaltung er haftet.

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