Oberlandesgericht Köln

Rechtsmissbräuchliche Abmahnung: „Mensch mit Gecko nicht vergleichbar“

Veröffentlicht: 26.03.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 26.03.2020
Gecko auf Ast

Abgemahnt zu werden ist für keinen Händler eine schöne oder willkommene Angelegenheit. Passiert es dennoch, steht manches Mal der Gedanke im Raum, dass die Unterlassungsaufforderung möglicherweise rechtsmissbräuchlich ist – etwa weil finanzielle Interessen im Vordergrund stehen könnten, und es dem Abmahner eigentlich gar nicht so sehr um den potenziellen Wettbewerbsverstoß selbst geht. Ein abgemahnter Online-Händler sah sich nun in dieser Einschätzung vom Oberlandesgericht Köln bestätigt: Die Richter stellten ein fehlendes konkretes Wettbewerbsverhältnis fest – obwohl beide Händler online mit Nahrungsergänzungsmitteln handelten. Der Knackpunkt: Der eine verkauft solche für Menschen, der andere für Geckos.

Abmahnung berechtigt? Mensch und Gecko nicht vergleichbar

„Wer Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkauft, steht nicht im Wettbewerb mit Verkäufern von Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos“ beginnt die Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln zu diesem Fall (Urteil v. 28.02.2020, Aktenzeichen 6 U 238/19).

Anlass der Verhandlung war die Abmahnung eines Online-Händlers, der Nahrungsergänzungsmittel für Menschen vertreibt. Dieser war offenbar auf die fehlerhafte Widerrufserklärung eines anderen Händlers gestoßen, die zu der Abmahnung führte. Der abgemahnte Händler, der wiederum Nahrungsergänzungsmittel für Geckos vertreibt, beauftragte in der Folge einen Rechtsanwalt und wollte die Kosten dafür vom Abmahner ersetzt sehen – weshalb er schließlich zunächst vor dem Landgericht Köln Klage erhob. Die Abmahnung sei nicht nur unberechtigt, sodass für den Abmahner kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bestehe. Sie sei darüber hinaus auch rechtsmissbräuchlich. Der Pressemitteilung des OLG zufolge wies das Landgericht Köln die Klage zunächst ab, da die Abmahnung zwar unberechtigt, nicht aber rechtsmissbräuchlich sei.

OLG Köln: Abmahnung rechtsmissbräuchlich

Das Oberlandesgericht Köln entschied in zweiter Instanz aber anders, änderte das vorhergehende Urteil ab und sprach dem Abgemahnten die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 5.000 Euro zu.

Der Abmahner habe sich auf einen ungeeigneten Aspekt gestützt, um das für eine berechtigte Abmahnung notwendige konkrete Wettbewerbsverhältnis herzuleiten: Unternehmer, die Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkaufen, stünden offensichtlich nicht mit solchen in einem Wettbewerb, die Futter und Nahrungsergänzungsmittel für Geckos anbieten. „Der Beklagte habe sich offensichtlich nicht inhaltlich mit der Website des Klägers befasst, weil ihm dann aufgefallen wäre, dass das Abstellen auf Nahrungsergänzungsmitteln zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses abwegig ist“ heißt es weiter in der Pressemitteilung. Ein wirtschaftlich denkender Unternehmer, der die Lage beobachtet, würde also nicht davon ausgehen, dass die fehlerhafte Widerrufsbelehrung des einen Shop-Betreibers den anderen in diesem konkreten Fall beeinträchtigt. Da sich dies derart aufdrängt, sei die Triebfeder der Abmahnung nicht das unlautere Verhalten des Abgemahnten gewesen – vielmehr hätten sachfremde Motive offensichtlich im Vordergrund gestanden. 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

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