Oberlandesgericht Celle

Gericht bescheinigt Ido Rechtsmissbrauch – schon wieder!

Veröffentlicht: 03.04.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 03.04.2020
Geschäftsmann auf Eisscholle

Das Eis, auf dem der Ido-Verband wandelt, wird immer dünner. So wirkt es jedenfalls mit Blick auf die vergangenen Monate. Nachdem das Landgericht Heilbronn (Urteil vom 20.12.2019, Aktenzeichen: 21 O 38/19 KfH) dem Verband das rechtsmissbräuchliche Aussprechen von Abmahnungen bescheinigt hat, legte nun das Oberlandesgericht Celle nach. 

Struktur des Vereins fragwürdig

In dem Fall, den das OLG Celle (Urteil vom 20.3.2020, Aktenzeichen: 13 U 73 / 19) zu verhandeln hatte, ging es einmal mehr um eine Abmahnung gegen einen Händler, berichtet Internetrecht Rostock. Diese Abmahnung wurde vom Gericht als rechtsmissbräuchlich eingestuft. Grund für diese Annahme liefert die Vereinsstruktur des Idos: 

Seine Abmahnberechtigung stützt der Ido auf die Mitglieder, denn Verbände dürfen nur dann wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen, wenn ihnen eine „erhebliche Zahl von Unternehmern angehört“ (§ 8 UWG). In der Verhandlung kam nun aber heraus, dass ein großer Teil der Ido-Mitglieder sogenannte passive Mitglieder sind. Wieviele aktive Mitglieder es gibt, konnte die entsprechende Zeugin als Geschäftsführerin des Verbandes nicht sagen. 

Unterschied zwischen aktiver und passiver Mitgliedschaft

Eine Unterteilung in aktive und passive Mitglieder ist im Vereinsrecht nicht unüblich. Während aktive Mitglieder am Vereinsleben mitwirken und aktiv an der Erreichung des satzungsmäßigen Zwecks mitwirken, halten sich passive Mitglieder eher im Hintergrund. Häufig handelt es sich bei passiven Mitgliedern um Personen, die aus unterschiedlichsten Gründen das Vereinsleben nicht aktiv mitgestalten können; den Vereinszweck aber als unterstützenswert einstufen und daher finanzielle Unterstützung leisten.

Mitglieder nur Mittel zum Zweck

Im Falle des Idos scheint es laut dem Urteil des OLG Celle so zu sein, dass aktive Mitglieder berechtigt sind, Vereinsorgane zu wählen, während passive Mitglieder keinerlei Stimmberechtigung haben. Ob jemand überhaupt aktives Mitglied wird, entscheide der Vorstand. „Weiter hat die Zeugin bekundet, der Kläger habe auch einzelne aktive Mitglieder, sie könne jedoch nicht angeben, wie viele aktive Mitglieder er habe und nach welchen Kriterien aktive Mitglieder vom Vorstand aufgenommen würden“, heißt es weiter. Es sei allerdings wenig glaubhaft, dass die Zeugin als Geschäftsführerin des Vereins keine konkreten Angaben dazu machen könne.

Außerdem sei nicht ersichtlich, warum der Verein Unternehmen, deren Interessen der Verein fördern möchte, von der Willensbildung ausschließe. Dies führt das Gericht zu der Einschätzung, dass die Mitglieder des Vereins nur Mittel zum Zweck sind: „Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden“, wird weiter aus dem Urteil zitiert.

Das Eis wird dünn

Damit reiht sich das OLG Celle in das Urteil des LG Heilbronn ein. Während das LG den Rechtsmissbrauch noch mit dem zielgerichteten Verschonen der eigenen Mitglieder verband, findet das OLG Celle nun ein weiteres Indiz, der für einen Abmahnmissbrauch durch den Ido-Verband spricht.

Das Besondere an beiden Urteilen ist der Umstand, dass der Rechtsmissbrauch auf Gegebenheiten zurückgeführt wird, die in der Vereinstätigkeit liegen. Normalerweise wird die Frage, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, anhand von Umständen des Einzelfalls begründet und ist daher nur schwer auf andere Fälle übertragbar.

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