Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt

Aber bitte mit Sahne: Händler gewinnt Kostenstreit

Veröffentlicht: 07.04.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 07.04.2020
Eier und Eierlikör in Flaschen

Ende 2018 wird ein Online-Händler für alkoholische und nichtalkoholische Getränke abgemahnt: Er hatte eine Spirituose als Eierlikör angeboten, die als Zutat auch Sahne enthielt – was in der Praxis offenbar gar nicht so untypisch ist. Kurze Zeit vorher hatte sich aber der Europäische Gerichtshof mit der einschlägigen Spirituosen-Verordnung befasst, die unter anderem die zulässigen Bestandteile von bestimmten Spirituosen regelt. Dabei wurde ein Urteil gefällt, dass dem Händler nicht in die Hände spielte: Die Zutatenangabe darin sei demnach nicht etwa offen, in der Art, dass außer den genannten auch weitere Zutaten zulässig wären, sondern eben abschließend. Heißt: Was in der Verordnung steht, darf in die Spirituose, andere Zutaten nicht. Und hinsichtlich der als Eierlikör oder Advocaat bezeichneten Spirituose werden Milchprodukte nicht genannt. 

Beschwerde: Händler sollte Verfahrenskosten tragen

Vor Gericht ließ sich der abgemahnte Händler auf die Unterlassungsaufforderung des Wirtschaftsverbandes ein und gab eine entsprechende Erklärung ab – beide Parteien gingen dann von der Erledigung der Sache aus. Kosten waren für den gerichtlichen Prozess aber dennoch entstanden, die dem Händler vom Landgericht auferlegt wurden. Hiergegen wehrte er sich schließlich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt mit einer Beschwerde (Urteil v. 22.02.2020, Az. 6 W 3/20). Und tatsächlich hat diese hinsichtlich der Kostenentscheidung des Gerichts Erfolg: Nicht alle Voraussetzungen, die es hier für ein unlauteres Handeln gebraucht hätte, hätten vorgelegen.

OLG Frankfurt: Die Spürbarkeit des Rechtsverstoßes fehlt

Damit ein Rechtsbruch wie hier unlauter ist und einen Unterlassungsanspruch beispielsweise eines Verbandes auslösen kann, müssen mehrere Umstände gegeben sein. Dazu gehört, dass „der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen“, wie es im UWG heißt. Damit soll dafür gesorgt werden, dass Verstöße gegen die sogenannten Marktverhaltensregeln dann nicht verfolgt werden, wenn diese Verstöße eigentlich gar keine keine nennenswerten Auswirkungen auf Marktteilnehmer haben. Diese Spürbarkeit des Rechtsverstoßes, so die Richter, fehle hier. 

Auch wenn das Urteil des EuGH zu diesem Zeitpunkt für Klarheit sorgte und Milchprodukte aus dem Eierlikör quasi „verbannte“, würde der Verkehr nicht davon ausgehen, dass entsprechende Produkte nun plötzlich keine Sahne (mehr) enthalten würden – zumal diese Zutat laut dem Beklagten seit Jahrzehnten üblich sei. Genauso wenig hätte der beklagte Händler durch die Milchprodukte in seinem Eierlikör einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitstreitern. 

Hatte sich der Gesetzgeber sein Gesetz anders vorgestellt?

Davon abgesehen führen die Richter aber auch die Sicht des Gesetzgebers an: In „außergewöhnlicher Geschwindigkeit“ nämlich habe der Gesetzgeber nach dem EuGH-Urteil für Änderungen an der Spirituosen-Verordnung gesorgt, damit auch Milch bzw. Sahne als Zutat zugelassen sind. Offenbar war sich der Gesetzgeber also nicht bewusst gewesen, dass die Verordnung gar nicht so sehr seinem Willen entspricht – wie auch die Richter des OLG Frankfurt feststellen.

Eine Spürbarkeit des Rechtsverstoßes durch den Händler könne unter diesen besonderen Umständen nicht bejaht werden, heißt es insofern im Urteil. Dass der Händler bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat – daran ändert das Urteil nichts. Die Kosten des Rechtsstreits aber wurden nun dem klagenden Verband auferlegt. Mehr Informationen zum Handel mit Alkoholika gibt es in unserem kostenfreien Hinweisblatt.

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