Oberlandesgericht Köln

Irreführung: Wenn das Top-Angebot kein Top-Angebot ist

Veröffentlicht: 21.04.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 21.04.2020
Schriftzug Sonderangebot

Was macht ein Top-Angebot aus? Zum Beispiel ein guter Preis oder besondere Leistungen. Wo Top-Angebot drauf steht, muss jedenfalls auch Top-Angebot drin sein, heißt es vom Oberlandesgericht Köln. Dieses hatte sich kürzlich mit einem Inserat auf einer KFZ-Onlinebörse zu beschäftigen. Der Algorithmus der Plattform hatte aus diesem Angebot eben ein solches „Top-Angebot“ gemacht und dafür auf die Daten zurückgegriffen, die der Verkäufer hinterlegt hatte. Aber: Diese waren falsch. 

Für den Verkäufer des Wagens bedeutete dies dennoch, dass dem Kläger im Verfahren ein Unterlassungsanspruch gegen ihn zustand (Urteil v. 9.3.2020, Az. 6 W 25/20).

Bewertung als „Top-Angebot“ durch Algorithmus

Angeboten worden war ein Kompaktwagen für 1.100 Euro. Während ein Bild des Tachostands den Kilometerstand von über 200.000 km zeigte, war im Angebot selbst an der entsprechenden Stelle jedoch ein Wert von etwa 2.000 Kilometer hinterlegt. Auf die hinterlegten Daten griff ein Algorithmus der Online-Plattform zu und labelte das Inserat als Top-Angebot, was zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen Darstellung führte. 

Während das Landgericht in vorheriger Instanz noch davon ausging, dass hier keine Irreführung vorläge, entschied das OLG Köln anders. Wie das Gericht in einer Pressemitteilung schreibt, sei die Angabe des falschen Tachostands unlauter, insbesondere weil das Verhältnis der Laufleistung zum Preis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus sei. Durch die falsche Angabe sei es schließlich zu einer unwahren, hervorgehobenen Bewertung gekommen, über die nicht ausreichend aufgeklärt werde. 

Irreführungsgefahr: Was war für die Bewertung entscheidend?

Für Interessenten sei zwar erkennbar, dass der niedrige Preis nicht zur scheinbar ebenfalls niedrigen Laufleistung passe, auch wegen der Darstellung des richtigen Kilometerstandes auf einem Foto. Aber „solange ein Verbraucher nicht wisse, wie sich die Bewertung zusammensetze und er möglicherweise annehme, dass auch noch andere Umstände eine maßgebliche Rolle spielen“, bestehe eine Irreführungsgefahr, heißt es in der Pressemitteilung. 

Diese Irreführungsgefahr der unwahren Bewertung hätte sich dem OLG zufolge also gegebenenfalls erledigt, wenn die Adressaten des Angebots ausreichend darüber aufgeklärt worden wären. Das im Angebot vorhandene, aber nicht am Blickfang teilhabende Bild vom Tachostand allein sei dazu aber nicht geeignet gewesen. Dazu hätten Verbraucher darüber aufgeklärt werden müssen, dass sich die Bewertung als Top-Angebot besonders an Laufleistung und Preis bemesse. So könnten sie aber auch annehmen, dass andere Faktoren in die Bewertung einfließen, das Gericht führt als Beispiel die Vertrauenswürdigkeit des Anbieters oder die Ausstattung des Fahrzeugs an. Solange also für Verbraucher nicht klar ist, ob diese Bewertung nun gültig ist oder nicht, bestehe eine Irreführungsgefahr. 

Dass es schließlich der Algorithmus und nicht der Anbieter selbst war, der die Bewertung vornahm, stehe einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Der Algorithmus greife auf die vom Anbieter hinterlegten Daten zurück, sodass die Bewertung letztlich auf einer Handlung des Anbieters beruhe und ihm damit auch als Teil seines Angebots zurechenbar sei. 

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