Beschluss des OLG Brandenburg

Mitbewerber verunglimpfen – Das kann wettbewerbswidrig sein

Veröffentlicht: 12.05.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 19.07.2021
Megaphon mit Sprechblase

Die Meinung äußern zu dürfen, oder das auch nicht zu tun, das ist in Deutschland grundrechtlich verbürgt und gilt prinzipiell auch für kommerzielle Äußerungen wie in der Werbung. Das Recht findet allerdings dort seine Begrenzung, wo die Rechte anderer unverhältnismäßiger Weise verletzt werden. 

Mit solchen grundrechtlichen Fragen müssen sich auch Richter in Verfahren auseinandersetzen, in denen es ums Wettbewerbsrecht geht. So geschehen nun in einem Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg (Beschluss v. 17.04.2020, Az. 6 W 31/20). Hintergrund des Verfahrens war die Behauptung eines Anbieters für Flugentschädigungen: Im Rahmen einer Werbung stellte dieser ein Flugzeug dar, das jenem der gegnerischen Partei, einer Airline, nachempfunden ist und als Namen die englische Bezeichnung für „Lügner“ trägt – und stellt damit deren Seriosität in Frage. 

Auch kommerzielle Meinungsäußerungen sind geschützt

Die Darstellung  stelle hier mangels inhaltlicher Substanz ein pauschales Werturteil dar – ein „herabsetzendes, dh die Wertschätzung sachlich ungerechtfertigt verringerndes, bzw. verächtlich machendes (verunglimpfendes)“, wie es im Beschluss heißt. 

Grundsätzlich sind auch kommerzielle Meinungsäußerungen, wie in der Werbung, von der Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG, geschützt. „Ob eine Äußerung im Lichte der Grundrechte als zulässig anzusehen ist, ist auf Grundlage einer Würdigung aller Umstände des Gesamtzusammenhangs unter Einbeziehung der wechselseitigen Interessen der Parteien bzw. denen der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen“, sagt der Beschluss. Die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Grenze zulässiger Kritik sei überschritten

Gewerbetreibende müssten sich wertende Kritik an ihrer Leistung dabei in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist, und es sei in Rechnung zu stellen, dass Werbung von Humor und Ironie zumindest begleitet werde und Durchschnittsverbraucher zudem auch an pointierte Werbeaussagen als Ausdruck „lebhaften Wettbewerbs“ gewöhnt seien. Die Grenze zulässiger Kritik sei jedoch in diesem Fall überschritten. Dabei stellen die Richter auch auf den fehlenden sachlichen Kontext der Werbedarstellung ab. Auch das Interesse der Öffentlichkeit kann ein wichtiger Faktor in der Frage sein, ob eine Äußerung zulässig ist.

Da hier aber jegliche tatsächliche Informationen fehlten und die Darstellung keine Auseinandersetzung in der Sache enthalte, sei allerdings ein Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit erkennbar, genauso wie etwaige, möglicherweise nachvollziehbare Motive im Dunkeln bleiben. 

Eine Frage der Verhältnismäßigkeit

Zu beachten sei auch, dass die Werbung nicht nur einem überschaubaren Kreis an Adressaten zugänglich gemacht werde, sondern einer breiten Öffentlichkeit, mittels großflächigen Trägern innerhalb der Infrastruktur eines Flughafens und angrenzenden Bahnhofes. Schließlich sei die Herabsetzung des Mitbewerbers ausschließlich zur Werbung für eigene Zwecke erfolgt, ohne dabei eigene Vorteile herauszustellen. „Unter diesen Gegebenheiten kann dem Interesse der Antragsgegnerin an der Äußerung ihrer Meinung kein Vorrang zukommen gegenüber dem Interesse der Antragstellerin auf Schutz ihres sozialen Geltungsanspruches als Wirtschaftsunternehmen.“ stellen die Richter fest. Die antragstellende Airline habe insofern glaubhaft gemacht, dadurch in unlauterer Weise verunglimpft zu werden.

Selbst wenn es einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch nicht gäbe, so das Gericht im Beschluss, wäre das Unterlassungsbegehren aber jedenfalls wegen eines unzulässigen Eingriffes in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begründet.

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