Urteil des EuGH

Hinweis auf alternative Verbraucherstreitbeilegung in AGB

Veröffentlicht: 30.06.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 30.06.2020
Lupe über AGB

Die alternative Streitbeilegung ist Online-Händlern wohl bekannt – in erster Linie wegen des OS-Links, den jeder Unternehmer für den Handel mit Verbrauchern im Shop vorhalten sollte. So will es die sogenannte ODR-Verordnung. 

Dann gibt es allerdings noch weitere Pflichten, die nicht wie der OS-Link quasi jeden Online-Händler im B2C-Geschäft treffen. Mit diesen hat sich vor kurzem der Europäische Gerichtshof auseinandergesetzt, nachdem er vom Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Streit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (DAÄB) angerufen wurde. Letztere betreibt eine Internetseite, auf der Verbraucher zwar keine Verträge abschließen können, dennoch aber Allgemeine Geschäftsbedingungen für einen etwaigen Vertragsschluss vorfinden und downloaden können. In diesen AGB nun befand sich keine Angabe über die Verpflichtung der DAÄB, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen – auf der Rückseite eines Preis- und Leistungsverzeichnisses, das die Kunden bei Vertragsschluss erhalten, war sie aber abgedruckt. 

Der VZBV war nun der Auffassung, dass sich diese Angabe dennoch auch direkt in den AGB befinden müsste. Das hat der EuGH nun bestätigt (Urteil v. 25.06.2020, Az. C-380/19). 

EuGH sieht die Informationspflicht direkt in den AGB

Für den Fall ging es nach Auffassung der Düsseldorfer Richter also um EU-Recht, genauer die ADR-Richtlinie (Genaueres zur Regelung haben wir unten zusammengefasst). Sie stellten dem EuGH drei Fragen: 

  • Entsteht eine Informationspflicht über die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren und der Nennung der zuständigen Stelle, wenn auf der Website AGB downloadbar sind, aber kein Vertragsschluss möglich ist?
  • Falls ja, kommt ein Unternehmer der Pflicht, diese Information in den AGB vorzuhalten, nach, wenn diese nicht in dem zum Download bereitgestellten Dokument gemacht wird, aber an anderer Stelle auf der Website?
  • Kommt der Unternehmer seiner Pflicht nach, wenn er Verbrauchern neben den AGB ein Preis- und Leistungsverzeichnis zur Verfügung stellt, in dem die Information dann enthalten ist?

Der EuGH stellt zunächst fest, dass das Ziel der Regelung ein hohes Verbraucherschutzniveau sei. Verbraucher sollen wissen, was sie eigentlich für einen Vertrag abschließen, und deswegen rechtzeitig alle nötigen Informationen erhalten. Wenn nun AGB auf einer Website bereitgestellt werden, müsse sich darin auch die Information finden. Seiner Pflicht komme der Unternehmer andernfalls nicht nach, selbst wenn sich die Information anderswo auf der Website befinden würden.

Angesichts dessen, dass der Verbraucher eine wohl überlegte Entscheidung treffen können soll, wäre eine Information erst im Stadium des Vertragsschlusses zu spät – egal, ob sich diese nun in den AGB befindet oder einem anderen Dokument. Sei ein Unternehmer verpflichtet oder habe sich selbst zur Teilnahme an einem Verbraucher-Streitbeilegungsverfahren verpflichtet, müsse er in den AGB über die entsprechende Schlichtungsstelle informieren. „Es reicht insoweit nicht aus, dass der Unternehmer die Informationen in anderen auf der Website zugänglichen Dokumenten oder unter anderen Reitern der Website aufführt oder sie dem Verbraucher beim Abschluss des Vertrags, für den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, mittels eines gesonderten Dokuments zur Verfügung stellt“ heißt es im Urteil.

Mit der Bedeutung für den konkreten Fall müssen sich nun wieder die Richter des OLG Düsseldorf auseinandersetzen.

Hintergrund: ODR-Verordnung, ADR-Richtlinie und VSBG

Noch einmal kurz zur Vergegenwärtigung: Der OS-Link ist praktisch für jeden Online-Händler Pflicht, der an Verbraucher verkauft. Er verweist auf die Online-Streitbeilegungsplattform der EU und sollte stets klickbar vorgehalten werden, wenn Unternehmer im Internet Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher verkaufen. Das regelt die ODR-Verordnung.

In diesem Fall geht es nun um einen Bereich der Informationspflichten im Hinblick auf die Streitbeilegung, der an anderer Stelle geregelt ist und bei weitem nicht so viele Online-Händler betrifft. Laut dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) hat ein Unternehmer, der eine Website betreibt oder AGB verwendet, Verbraucher auch darüber zu informieren, inwiefern er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Während der OS-Link darauf abzielt, Verbraucher darüber zu informieren, dass die Möglichkeit grundsätzlich besteht, geht es hier also eher darum, die Bereitschaft des Unternehmers zu kommunizieren.

Von dieser Informationspflicht nach dem VSBG aber sind Unternehmer ausgenommen, die am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben. Kleine Online-Händler sind von dieser Pflicht also in der Regel nicht betroffen und müssen nicht darüber informieren, ob sie bereit zur Teilnahme sind. Anders kann es sein, wenn sie sich selbst verpflichtet haben. Eine gesetzliche Verpflichtung von Online-Händlern kommt aber kaum in Frage. Das betrifft eher bestimmte Branchen, wie Versicherungen oder eben Banken. 

Die Regelung des VSBG basiert hier wiederum auf einem EU-Gesetz, nämlich der ADR-Richtlinie. Diese selbst ist für Online-Händler wenig relevant: Was darin steht, wird über das VSBG umgesetzt, und erst das gilt dann für Händler. Anders als die ODR-Verordnung, die direkt gilt und nicht erst durch ein nationales Gesetz umgesetzt werden muss.

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