Streikmaßnahmen

BVerfG: Amazon mit Verfassungsbeschwerden erfolglos

Veröffentlicht: 05.08.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 05.08.2020
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Mit Beschluss vom 5. August 2020 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwei Verfassungsbeschwerden von zwei Unternehmen des Amazon-Konzerns abgelehnt. Diese hatten sich durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts in ihren Grundrechten verletzt gesehen: Vertreter der Gewerkschaft Verdi sowie streikende Beschäftigte der zum Konzern gehörenden Unternehmen hatten sich an einzelnen Streiktagen kurz vor Schichtbeginn auf dem Betriebsparkplatz versammelt, welcher von vielen Beschäftigten genutzt wird. Amazon hatte sich gegen diese Streikmaßnahmen gewehrt und auf das Hausrecht berufen – das Bundesarbeitsgericht entschied jedoch, dass diese auf dem Parkplatz hinzunehmen seien. 

Wie es nun vom Bundesverfassungsgericht heißt, seien die Entscheidungen der Arbeitsgerichte aber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (Beschlüsse v. 09.07.2020, Az. 1 BvR 719/19 und 1 BvR 720/19).

Privatgelände: Streik auf Betriebsparkplätzen von Amazon

Laut der Pressemitteilung des Gerichts hatte Amazon sich einerseits in seinem Grundrecht auf Eigentum und andererseits auf die unternehmerische Handlungsfreiheit verletzt gesehen. Der jeweilige Betriebsparkplatz, auf dem es zum Streik kam, befindet sich direkt vor dem Haupteingang und ist durch Schilder als Privatgrundstück gekennzeichnet. Der Haupteingang kann dabei nur über den Parkplatz erreicht werden und wird von fast allen Beschäftigten genutzt. 

In seinem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht seinerzeit auch die Grundrechte der Parteien berücksichtigt. Grundsätzlich sollen die Grundrechte den Bürger vor Eingriffen des Staates schützen. Aber auch in Streitigkeiten zwischen nichtstaatlichen Akteuren kommt ihnen eine Bedeutung bei: „Sie strahlen auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen aus und sind von den Gerichten bei der Auslegung des Fachrechts zur Geltung zu bringen“, heißt es weiter. Hier standen sich nun das Eigentum und die Handlungsfreiheit von Amazon sowie die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft gegenüber.

Amazon muss Einschränkung seiner Rechte hinnehmen

Verletzt worden sei Amazon durch die Wertung des Bundesarbeitsgerichts nicht. „Das Bundesarbeitsgericht stellt zentral darauf ab, dass die Gewerkschaft ihre Rechte überhaupt wahrnehmen können muss. Zum Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG gehöre daher auch die persönliche Ansprache der Arbeitswilligen vor Antritt der Arbeit, um sie zum Streik mobilisieren zu können“, heißt es seitens des BVerfG.

Das Bundesarbeitsgericht habe etwa geprüft, ob der Streit auch hätte anders durchgeführt werden können. Dabei kam es jedoch zu der Überzeugung, dass die konkret auf eine Arbeitskampfmaßnahme bezogene Ansprache Arbeitswilliger nur auf besagtem Betriebsparkplatz möglich sei – was, so das BVerfG, verfassungsrechtlich in Ordnung sei. Amazon müsse insofern eine damit verbundene Einschränkung seiner Rechte hinnehmen.

Amazon: Beschlüsse nicht hilfreich bei der Vermeidung von Gefahrensituationen

„Damit werden die Grundrechte der Gewerkschaft nicht einseitig privilegiert; insbesondere muss das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerinnen nicht vollständig zurücktreten“, schreibt das BVerfG in seiner Mitteilung. Das Bundesarbeitsgericht habe berücksichtigt, dass die Aktivitäten der Gewerkschaft in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur Ansprache der arbeitswilligen Beschäftigten stehen müssten. Es habe der Gewerkschaft nicht vorwerfen müssen, dass diese keine „Streikgasse“ gebildet habe.

„Der Platzbedarf von den in einem Verfahren genannten 65 Personen kann im Verhältnis zu einer ebenfalls genannten Parkplatzfläche von nahezu 30.000 Quadratmetern keine Beeinträchtigung erzeugen, die den Beschwerdeführerinnen ihre Grundrechte insbesondere aus Art. 14 Abs. 1 GG nehmen würde. Vielmehr konnten Arbeitswillige auf dem Betriebsparkplatz weiter ihr Fahrzeug abstellen und an ihren Arbeitsplatz gelangen“ heißt es schließlich. 

Das sagt Amazon zu dem Beschluss der BVerfG

 „Uns ging es immer um die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie steht an erster Stelle. Der heutige Beschluss hilft nicht, unnötige Gefahrensituationen auf dem Parkplatz zu vermeiden“, kommentiert Amazon auf unsere Anfrage hin die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts.

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