OLG Frankfurt a. M

Portal darf auf manipulierte Bewertungen hinweisen

Veröffentlicht: 15.12.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 26.02.2021
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Fake-Bewertungen gehören zum Internet wie das Amen in der Kirche. Man muss einfach damit leben, kann aber zumindest das Beste daraus machen. Unter anderem sind die Portale in der Pflicht: „Portale und Plattformen müssen für die von ihnen dargestellten Bewertungen deutlich mehr Verantwortung übernehmen“, erklärte auch Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Das Bundeskartellamt hat daher das Thema seit 2019 in einer sogenannten Sektoruntersuchung unter die Lupe genommen und im Oktober den Abschlussbericht vorgelegt, wie die Behörde verkündet.

Besonders auf Arztbewertungsportalen ist man über jede Meinung und Erfahrung dankbar, denn es geht ja um das sensibelste Gut: Gesundheit und Leben. Für Ärzte hingegen kann die Bewertung das Aus bedeuten und – das Internet vergisst nie – die Reputation langfristig vernichten. Problematisch ist es auch, wenn Ärzte Bewertungen kaufen, die nicht den Tatsachen entsprechen. So auch der Vorwurf bei einem aktuellen Urteil.

Mutmaßliche Fake-Bewertungen dürfen gekennzeichnet werden

Eine Bewertungs-Plattform informierte den betreffenden Arzt darüber, dass man auf seinem Profil mutmaßlich gefälschte positive Bewertungen, sogenannte Fake-Bewertungen, festgestellt habe, und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Für den Fall der Nichtaufklärung drohte das Portal an, die Nutzer per Warnhinweis auf dem Profil darüber zu informieren, dass es gekaufte Bewertungen auf seinem Profil gebe. Das tat man dann wegen mangelnder Einigung auch. 

Der Warnhinweis war anschließend für den Nutzer nur zu sehen, wenn er das Profil des Arztes aufruft. Dann wird der Warnhinweis zunächst durch ein kleines rot unterlegtes Ausrufezeichen an der Gesamtnote angezeigt. 

Verdachtsberichterstattung und Vorverurteilung

Der Arzt suchte vor Gericht Hilfe und fordert die strafbewehrte Untersagung der Kennzeichnung seines Profils mit einem Warnzeichen und des Einblendens des Hinweistextes. Das Gericht konnte er jedoch nicht überzeugen, denn bei dem Hinweis handle es sich nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Im Erklärungstext zum Hinweis sei hinreichend deutlich gemacht worden, dass es sich um einen Verdacht handle (Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 19.11.2020, Aktenzeichen: 16 W 37/20). Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung sind eingehalten. Schließlich bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis. Dies sei bereits beim Verdacht einer Manipulation anzunehmen.

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