OLG Dresden

Ein-Stern-Bewertung ohne Kommentierung ist erlaubt

Veröffentlicht: 29.01.2021 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 26.02.2021
1-Stern-Bewertung

Die Meinungsfreiheit ist – als grundgesetzlich garantiertes Recht – eines der bedeutendsten Güter hierzulande. Doch bedauerlicherweise reizen viele Internetznutzer dieses Grundrecht bis aufs Äußerste aus. Negative Bewertungen gehören mittlerweile zum Alltag im E-Commerce. Aber wie weit dürfen sie gehen? Ist eine Bewertung mittels der Vergabe von Sternen überhaupt darunter zu zählen? Gilt das auch dann, wenn sonst keine weitere Kommentierung der Bewertung online ist, weil der ursprüngliche Bewertungstext gelöscht wurde? Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat die Antworten.

Zum Streit kam es, weil ein Kunde eine negative Bewertung mit nur einem Stern abgegeben hatte. Der Geschäftsinhaber hingegen hatte aber, obwohl er wesentlich von Laufkundschaft lebt, behauptet, es hab keinen Kontakt gegeben und der Bewertende sei auch nicht in seinen Geschäftsunterlagen geführt. Die Bewertung sei deshalb unzulässig. Das Bewertungsportal nahm zwar eine Löschung des Kommentars vor, ließ aber die 1-Stern-Bewertung stehen.

Die Vergabe eines Sterns ist von der Meinungsfreiheit gedeckt

Die Ein-Stern-Bewertung ist eine subjektive Einschätzung des Nutzers, die als Meinungsäußerung zu verstehen ist. Das hatte schon der BGH in einem Grundsatzurteil festgelegt (Urteil vom 01. März 2016, Aktenzeichen VI ZR 34/15). Als Meinungsäußerung ist demnach jede Bewertung bis zur Grenze der Schmähkritik (z. B. strafbare Beleidigung, Verleumdung) geschützt.

Diese Grenze sei aber wegen der Bewertung mit nur einem Stern schon deshalb in dem aktuellen Fall nicht überschritten, weil die Bewertung keine persönliche Herabwürdigung enthält (OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Beschluss vom 22. Juli 2020, Aktenzeichen: 4 U 652/20). Alleine der eine Stern sei keine Beleidigung o.ä. „Dass der Kunde den Geschäftskontakt mit nur noch einem Stern bewertet, mag geschäftsschädigend sein, ist jedoch als Ausfluss der Meinungsfreiheit auch dann hinzunehmen, wenn die zu ihrer Begründung angeführten Tatsachenbehauptungen als unwahr gelöscht wurden.” Anders wäre dies nur dann, wenn der Ein-Stern-Bewertung überhaupt kein Kundenkontakt zugrunde gelegen hätte. Dann überwiegt der Schutz des Betroffenen in seiner (Berufs-)Ehre. Das konnte aber hier vom Betroffenen nicht nachgewiesen werden.

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