OLG Frankfurt findet

Abmahnung wegen der Bezeichnung „Acryl“ bei Textilien ist unbegründet

Veröffentlicht: 03.03.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022
Kleiderbügel vor rosa Hintergrund

Wer online Textilien verkauft, muss in der Produktbeschreibung über die Zusammensetzung informieren. Dabei müssen sich Online-Händler an die Textilkennzeichnungsverordnung halten. Diese schreibt einen festen Katalog von Bezeichnungen vor. Weicht man davon ab, droht eine Abmahnung. Besonders oft werden Händler abgemahnt, die die Faserbezeichnung „Acryl“ verwenden. Hintergrund ist der, dass die Textilkennzeichnungsverordnung lediglich die Bezeichnung „Polyacryl“ kennt. Die Abmahnungen werden meist mit einer Irreführung des Verbrauchers und damit, dass ein Verstoß gegen die Verordnung nun einmal auch ein Wettbewerbsverstoß ist, begründet.

Nun kam das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 14.01.2021, Aktenzeichen: 6 U 256/19) aber zu einem anderen Ergebnis. 

Verstoß gegen Textilkennzeichnungsverordnung unerheblich

Nicht jeder Verstoß gegen ein Gesetz muss automatisch auch ein Wettbewerbsverstoß und damit abmahnfähig sein. Vielmehr muss der Verstoß geeignet sein, den Wettbewerb spürbar zu beeinflussen. Diese Spürbarkeit liegt bei dem Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung durch die Verwendung der Bezeichnung Acryl laut OLG Frankfurt nicht vor. „Die Spürbarkeit ist nicht allein deshalb zu bejahen, weil die TextilKennzVO eine europarechtlich begründete Informationspflicht begründet“, zitiert die Kanzlei Dr. Bahr aus dem Urteil

Keine Irreführung der Verbraucher

Auch eine Irreführung der Verbraucher liegt nicht vor. Eine mögliche Irreführung wurde damit begründet, dass die Textilkennzeichnungsverordnung neben Polyacryl beispielsweise auch Modacryl aufführt. Verwendet ein Händler lediglich die Bezeichnung Acryl, wisse der Verbraucher nicht, um welche Faser es sich denn nun genau handeln würde. Auch dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Konkret heißt es: „Der juristisch nicht gebildete Verkehr wird sich nämlich bei seiner Anschauung nicht an der Anlage zur TextilKennzVO orientieren, sondern am allgemeinen Sprachgebrauch.“

Abgemahnte Händlerin verklagte Plattform

Der Fall ist aber auch noch wegen einem anderen Fakt interessant: Hier standen sich nämlich nicht etwa Abmahner und Händlerin vor Gericht gegenüber. Klägerin war eine Händlerin, die auf einer Plattform Textilien verkaufte. Diese Plattform gab die Bezeichnung „Acryl“ als Faserzusammensetzung vor. In der Folge wurde die Händlerin abgemahnt und verklagte nun vor Gericht die Plattform auf Schadensersatz. Damit hatte sie allerdings keinen Erfolg, da das Gericht wie dargestellt feststellte, dass die Abmahnung unbegründet war.

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