Was für ein Theater!

Gutscheingesetz ist doch verfassungsgemäß

Veröffentlicht: 21.04.2021 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 21.04.2021
Leeres klassisches Theater

Vor rund einem Jahr hat die Bundesregierung in einer Art Nacht- und Nebelaktion ein neues Gesetz beschlossen, nach welchem Käufer in Fällen von abgesagten Events einen Gutschein des Veranstalters akzeptieren müssen. Darunter litten abertausende Kunden (und Service-Mitarbeiter) in den Ticketverkaufsstellen, denen zuvor nach dem deutschen Recht eigentlich der volle Kaufpreis hätte erstattet werden müssen. Nach und nach wendete sich jedoch das Blatt scheinbar, denn zahlreiche Gerichte nahmen sich der Sache aus unterschiedlichen Blickwinkeln an. 

Unter anderem leitete das Amtsgericht Bremen eine Anfrage an den Europäischen Gerichtshof weiter. In einem Parallelverfahren hatten die Richter andere Argumente angeführt, die Richtung war jedoch die gleiche: Das Geld sei trotz Gutscheingesetz zu erstatten, denn der Ticket-Zwischenhändler müsse dafür einstehen, dass die Teilnahme an der Veranstaltung möglich ist. Das Amtsgericht Frankfurt beispielsweise, ist sogar von der Verfassungswidrigkeit der Gutscheinlösung überzeugt. 

Verbraucher müssen Eventbranche subventionieren

Bisher allein auf weiter Flur stand das Amtsgericht Essen. Das Gericht ist von der Verfassungsmäßigkeit der Gutscheinlösung überzeugt. Nun gibt es Verstärkung aus München, denn auch das dortige Amtsgericht hat in einem Fall einer wegen Corona abgesagten Theaterveranstaltung das Recht nicht dem klagenden Kunden zugesprochen (Urteil vom 29.09.2020, Aktenzeichen: 154 C 6021/20).

Das Gericht kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass die Gutscheinlösung verfassungsgemäß sei. Die zuständige Richterin begründet das Urteil so, dass Insolvenzen von Veranstaltern verhindert oder wenigstens verzögert werden sollen. Die negativen Folgen der Pandemie sollen dabei auf möglichst viele verteilt werden. Nur die diversen Finanzhilfen, Insolvenzrechtsänderungen und die Gutscheinlösung in Kombination können sofortige Insolvenzen in der Eventbranche auch tatsächlich verhindern.

Geld für Veranstaltung hat man über

Die nachfolgende weitere Begründung dürfte jedoch für jeden Betroffenen ein Schlag ins Gesicht sein. Der Kauf eines Tickets für eine Veranstaltung werde ohnehin eher von „finanziell leistungsstarken” Personen vorgenommen. Zudem handele es sich bei Konzerten und anderen Veranstaltungen um kulturellen Genuss, nicht hingegen um eine für das Leben existenzielle Anschaffung oder eine systemrelevante Leistung. Dies impliziert unserer Meinung, dass all diejenigen, die Geld dafür ausgegeben haben, dies nach Ansicht des Gerichts ohnehin in gewisser Weise übrig hatten.

Sollte im Einzelfall doch ein finanziell schwacher Kunde betroffen ist, sehe die Gutscheinlösung eine Härtefallklausel vor, so die Begründung weiter. Die Höhe der ausstehenden Beträge sei meist auch nicht so hoch, dass es zu existenziellen Verlusten bei den Betroffenen komme. Zumal diese den Kauf einer „nicht greifbaren ideellen Leistung" bereits getroffen haben, so die Pressemitteilung. Es ging im Fall um zwei Karten im Gesamtwert von rund zweihundert Euro.

Dass die zahlreichen Verbraucher jedoch mit dem Gutscheingesetz eine komplette Branche und mit vollem Risiko subventionieren, blieb offenbar unberücksichtigt. Interessant wäre hier die Meinung der höheren Instanz gewesen, doch das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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