Bundesverfassungsgericht hat entschieden

„Bundesnotbremse“ war verfassungsgemäß

Veröffentlicht: 30.11.2021 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 30.11.2021
Maske und leere Stadt

Am 23. April 2021 trat das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in Kraft. Die sogenannte „Bundesnotbremse“ beinhaltete unter anderem nächtliche Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen. Private Zusammenkünfte waren nur mit den Angehörigen eines anderen Haushalts erlaubt, der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung im Zeitraum von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages war nur erlaubt, wenn ein Ausnahmetatbestand des Gesetzes griff. Sie war eine Maßnahme gegen die steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus. Überschritten die Fallzahlen eines Landkreises oder einer Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz von 100 (mehr als 100 Infektionen auf 100.000 Einwohner in einer Woche), an drei aufeinander folgenden Tagen, galten die entsprechenden Maßnahmen am übernächsten Tag. Unterschritt die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 100, trat die „Notbremse“ wieder außer Kraft. 

Viele Verfassungsbeschwerden innerhalb kürzester Zeit

Gegen diese Vorschriften waren mehr als 300 Klagen und Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingegangen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun in einem Beschluss in mehreren Hauptsacheverfahren Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen diese Maßnahmen richteten. Die Maßnahmen griffen unter anderem in das Familiengrundrecht und in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Die Eingriffe waren allerdings formell und materiell verfassungsgemäß und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt, hieß es in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgericht.

„in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ mit dem Grundgesetz vereinbar 

Die Beschränkungen verfolgten legitime Zwecke, denn das Ziel der Beschränkungen war es, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die medizinische Versorgung sicherzustellen. Der Schutz des Lebens und der Gesundheit, sowie die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems sind überragend wichtige Gemeinwohlbelange, für die es zu dem eine Schutzpflicht des Staates gibt. Eine Einschränkung anderer Grundrechte, um diese Belange zu schützen, ist damit zulässig und notwendig. 

Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass eine Gefahrenlage für Gesundheit und Leben der Allgemeinheit, sowie die Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems besteht, beruhte auf tragfähigen tatsächlichen Erkenntnissen, unter anderem des Robert-Koch-Instituts, führt das Gericht aus.

Die Beschränkungen waren auch dazu geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Aufgrund der Erkenntnislage, dass das Virus beim Zusammentreffen von Menschen weiter verbreitet wird, kann jede Einschränkung von Kontakten zwischen Menschen einen Beitrag zur Eindämmung der Virusübertragung leisten. Maßnahmen, die die gleiche Wirksamkeit aufweisen, dabei aber weniger grundrechtseinschränkend sind, gab es in der akuten Gefahrenlage nicht.

Auch wegen der zeitlichen Begrenzung der Maßnahmen und der Ausnahmeregelungen, für Wahrnehmung des Erziehungs- und Sorgerechts, waren die Maßnahmen in der akuten Pandemiesituation mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Lebens- und Gesundheitsschutz des Gemeinwohls musste hier mit besonderer Dringlichkeit vom Gesetzgeber geachtet werden, sodass auch empfindliche Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen gerechtfertigt sind. 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann, mit Hinblick auf die aktuellen Infektionszahlen, auch Einfluss auf zukünftige Maßnahmen der Pandemiebekämpfung haben. 

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