Kolumne „Pech gehabt“

Klarnamenpflicht bei Facebook: Halb verboten ist nicht gut genug

Veröffentlicht: 01.02.2022 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 01.02.2022
Facebook

Dieses Kippen der Klarnamenpflicht bei Facebook ist ja erst einmal schon eine kuriose Sache. Wer seinen Account schon vor 2018 – damals führte Facebook die Pflicht zum Klarnamen ein – hatte, darf ihn nun wieder unter einem Pseudonym führen. Wer nach dem 25. Mai 2018 – wir erinnern uns: da trat die DSGVO in Kraft – bei Facebook startete, weiß noch nicht so richtig, was los ist, weil die Rechtslage hier noch umstritten ist. Die deutschen Regeln sind strenger als die europäischen Vorgaben, wie die FAZ schreibt. Und die Regelung ist nun so, dass man sich zwar unter dem echten Namen bei Facebook anmelden muss, den Benutzernamen danach aber in ein Pseudonym ändern darf. Klar soweit?

Grundsätzlich ist das BGH-Urteil zur Abschaffung der Klarnamenpflicht ein richtiger Schritt, wirklich verboten ist diese Pflicht aber eben noch nicht, wie die rechtlich unsichere Lage zeigt. Und der Facebook-Konzern Meta hat bereits moniert, dass die BGH-Entscheidung auf einer überholten Rechtslage basiere, wie die Tagesschau berichtet.

Realitätsfern und wirkungslos

Dabei wäre es höchste Zeit, diese Klarnamenpflicht endgültig wieder abzuschaffen, weil diese Pflicht nicht nur realitätsfern, sondern in ihrer Wirkung auch vollkommen verfehlt ist. Eine kurze Stichprobe in der zugegebenermaßen seit Langem ungepflegten – wer nutzt heutzutage schon noch Facebook? - Freundesliste ergibt, dass etwa ein Drittel der Kontakte unter Pseudonym angemeldet ist. Das ist sicher nicht repräsentativ, wer aber öfter mal in die Hölle der Facebook-Kommentarspalten abtaucht, findet zu Hauf falsche Namen und Pseudonyme. Facebook war auch nach der Einführung dieser Pflicht 2018 nicht eben bemüht, diese auch in Gänze durchzusetzen.

Noch viel wichtiger ist aber die vollkommene Wirkungslosigkeit der Klarnamenpflicht, deren Auswirkung sogar eher umgekehrt in die ganz falsche Richtung gehen. Die Idee ist ja nicht schlecht: Unter echtem Namen seien die Menschen zurückhaltender. Hassrede, Drohungen, verfassungsfeindliches Geschwurbel – alldem könnte man damit entgegenwirken. Man schaue sich doch stichprobenartig in öffentlichen Kommentarspalten oder besser noch in rechten Verschwörungsgruppen um und man merkt sehr schnell, dass viel zu viele Menschen auch mit ihren Klarnamen leider gar keine Grenzen mehr kennen. Umgekehrt ist die Pflicht aber auch gefährlich für Menschen, die im Netz angstfrei ihre Meinung äußern möchten, die anonym Hilfe suchen, die Angst haben müssen, verfolgt oder bedroht zu werden.

Ach, und vor allem: Wir reden hier über Facebook! Als wenn dieser Konzern unsere Klarnamen bräuchte, um uns komplett gläsern machen zu wollen. Das OLG München hatte noch geurteilt, dass Facebook ein berechtigtes Interesse am Klarnamen hätte. Was natürlich vollkommener Quatsch ist, weil Facebook ohnehin alles weiß. Das ist zwar auf seine ganz eigene Art beängstigend, macht aber noch deutlicher, wie sinnfrei diese überholte Klarnamenpflicht ist.

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