Bundesgerichtshof

Inbox-Werbung: Pauschale Einwilligung reicht nicht aus

Veröffentlicht: 15.06.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 15.06.2022
E-Mail-Menü auf dem Bildschirm

Werbung per E-Mail – aber bitte mit Einwilligung des Empfängers. So viel ist klar. Doch nicht immer muss die Werbung im E-Mail-Postfach tatsächlich in einer E-Mail stecken. Manchmal sieht es auch nur so aus, wie in einem Fall, der kürzlich vom Bundesgerichtshof entschieden worden ist (Urteil v. 13.01.2022, Az. I ZR 25/19): Hier zeigte sich die – wohlgemerkt als Werbung gekennzeichnete – Anzeige im Eingang zwischen den E-Mails. Eine pauschale Werbeeinwilligung hatte der Nutzer zwar erklärt, nach Auffassung des Gerichts reichte sie aber nicht aus. 

Die Geschichte hat bereits eine kleine Reise hinter sich: Nachdem das OLG Nürnberg der Auffassung war, dass die Klage der Mitbewerberin wegen dieser Werbung unbegründet sei, da keine wettbewerbsrechtlich unzulässige geschäftliche Handlung vorliege, landete der Fall beim Bundesgerichtshof – der sich wiederum an den EuGH richtete. Nach dessen Urteil ist nun der BGH wieder am Zug gewesen. Der greift das Urteil des EuGH auf – mit erheblichen Auswirkungen für Unternehmer, die diese Art von Werbung betreiben. 

Elektronische Post? EuGH gab die Richtung vor

Der Ansicht des OLG Nürnberg hat sich der BGH nun nicht angeschlossen und sieht sehr wohl einen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Hierbei setzen sich die Richter zunächst mit der „unzumutbaren Belästigung“ auseinander. Die sei nach dem UWG anzunehmen bei einer Werbung unter Verwendung u. a. der „elektronischen Post“, wenn keine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Das kennt man so weit vom klassischen Beispiel der elektronischen Post, der E-Mail-Werbung.

Es fällt aber eben nicht nur die E-Mail unter den Begriff, das Gesetz selbst nennt etwa auch Faxgeräte oder elektronische Anrufmaschinen. Enden würden die betroffenen Technologien aber auch dort nicht. Mit Blick auf das EuGH-Urteil sei die Bestimmung weit auszulegen und aus technologischer Sicht entwicklungsfähig. Das ist durchaus wichtig, denn um Werbung per E-Mail handelte es sich hier ja eben gerade nicht, sondern um Werbung im E-Mail-Postfach.

Der Unterschied zwischen Werbebannern und Inbox-Werbung

Bei dieser kann man offenbar auch gar nicht von klassischen Werbebannern sprechen, zumindest beginnt das Gericht dann, sich die genaue Erscheinung näher anzuschauen: Die habe sich hier in einem normalerweise privaten E-Mails vorbehaltenen Bereich gezeigt. Der Nutzer könne diesen Bereich erst nach Überprüfung des Inhalts der Werbenachricht und nur durch aktives Löschen freimachen, um einen Überblick über seine privaten E-Mails zu erhalten. Anders als Werbebanner oder Pop-up-Fenster behindere diese Einblendung insofern den Zugang des Nutzers zu seinen Nachrichten – in ähnlicher Weise wie Spam-E-Mails.

Diese Vorgehensweise stelle nun eine Verwendung elektronischer Post im Sinne der ausschlaggebenden EU-Richtlinie dar. Wieder in Fortführung des EuGH-Urteils kommt der BGH dann zum Schluss, dass die Frage, ob die Werbenachricht selbst denn „elektronische Post“ sei, überflüssig wäre. Sie sei den betroffenen Nutzern schließlich über das E-Mail-Postfach und damit über ihre elektronische Post übermittelt worden. Auch handele es sich um Direktwerbung. 

Einverstanden, aber nicht eingewilligt?

In diese Werbeeinblendung hat der Nutzer auch nicht eingewilligt, stellt das Gericht fest. Tatsächlich hatte der Nutzer so etwas wie eine Einwilligung erklärt, nur offenbar nicht wirksam – zumindest konnte das werbetreibende Unternehmen sie nicht nachweisen. Was sagt das Gesetz dazu? Wie die Einwilligung hier auszusehen hätte, das entscheidet sich, nach einigen gesetzlichen Verweisen, am Ende durch die DSGVO. Danach ist eine Einwilligung jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen, eindeutig bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, mit der jeweiligen Datenverarbeitung einverstanden zu sein. 

In diesem Fall hatten sich Nutzer offenbar allgemein mit Werbung einverstanden erklärt, um die kostenlose Version des E-Mail-Dienstes verwenden zu können. So eine pauschale Einwilligung reiche aber eben nicht aus, sie müsse schon ausdrücklich im Hinblick auf diese Werbeform erklärt werden. Erforderlich sei, „dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden“, schreibt das Gericht im Leitsatz.

Anbieter entsprechender Leistungen, die Inbox-Werbung schalten, dürften nun vielfach vor der Frage stehen, wie sie weitermachen: Bestehende „Einwilligungen“ dürften angesichts dieser Rechtsprechung vielfach unbrauchbar sein, sodass, wenn die Inbox-Werbung fortgesetzt werden soll, neue, wirksame Einwilligungen eingeholt werden müssten. 

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