Versandapotheken dürfen Widerrufsrecht nicht pauschal ausschließen

Veröffentlicht: 27.07.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022

Ende des vergangenen Jahres hatte der EuGH die Preisbindung für Online-Apotheken gekippt. Deutsche Apotheker sehen darin eine Wettbewerbsverzerrung, da sie die günstigeren Preise nicht anbieten können und ihre Existenzgrundlage bedroht sehen. Für Kunden ist neben dem Preisvorteil beim Online-Kauf von verschreibungspflichtigen und freiverkäuflichen Medikamenten auch das gesetzliche Widerrufsrecht ein Bonuspunkt.

Medikamente schnell verderblich

Auch wenn es Händler freut und Kunden verärgert: Nicht für alle im Internet bestellten Waren wird ein gesetzliches Widerrufsrecht garantiert. Auch nach der aktuellen Rechtslage gibt es bereits sog. Ausschluss- und Erlöschensgründe des Widerrufsrechts. Betroffen von diesen Ausnahmen sind auch Gesundheits- und Hygiene-Artikel, wenn die Versiegelung vom Verbraucher entfernt wurde. Die betroffene Versandapotheke berief sich aber (überraschend) auf den Ausschlussgrund der schnellen Verderblichkeit.

Internetapotheken dürfen das Widerrufsrecht bei Bestellung von apotheken- und verschreibungspflichtigen Medikamenten im Internet aber nicht generell verweigern. Solche Klauseln in den AGB sind rechtswidrig. Das hatte das Oberlandesgericht Naumburg zulasten einer Versandapotheke entschieden. Eine speziell für Medikamente geltende Ausnahme vom Widerrufsrecht gäbe es im Gesetz nicht (Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22.06.2017, Az. 9 U 19/17 - nicht rechtskräftig). Erst recht seien nicht alle Medikamente schnell verderblich.

Politik ist gefragt

Es mag zwar für den Ausschluss des Widerrufsrechtes bei Medikamenten rechtspolitisch, insbesondere aus Sicht der Apotheker, gute Gründe geben. Es wäre aber Sache des Gesetzgebers, einen solchen Ausschluss ausdrücklich vorzusehen, so das OLG in seiner Entscheidungsbegründung weiter.

Apothekenlobby versus Wettbewerb

Der Protest gegen das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Verbot des Online-Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten wird zunehmend lauter. Auch an dieser Front müssen sich die Versandapotheken derzeit behaupten.

Das Urteil des OLG spielt den Online-Gegnern auch in dieser Hinsicht in die Karten. Bei der Testbestellung durch den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sei nicht hinreichend auf einen Medikamentenmissbrauch eingegangen. Bei der Bestellung einer ungewöhnlichen Menge eines Medikaments hätte die Apotheke gezielt nachfragen und die Abgabe im Zweifelsfall verweigern müssen. Hier sollten die Apotheken, denen ausreichend technische Möglichkeiten zur Seite stehen, daher dringend nachbessern, um keine Angriffsfläche mehr für ihre Gegner zu bieten.

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