Die zehn wichtigsten Urteile zum Widerrufsrecht

Veröffentlicht: 03.05.2018 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022

Im Grundsatz gilt: Vertrag ist Vertrag! Das Widerrufsrecht bildet eine Ausnahme von diesem Grundsatz, weil Verbraucher in bestimmten Situationen (z. B. online) vor einer vertraglichen Bindung geschützt werden sollen. So soll der Verbraucher online übereilte Entscheidungen wieder rückgängig machen können. Unklare Gesetze und dreiste Verbraucher machen die Entscheidung über den Widerruf in der Praxis jedoch schwer.

Widerrufsrecht: Wertersatzanspruch nach Einbau

Widerrufsrecht... Ein Rechtsgebiet, mit denen Händler tagtäglich zu tun haben – ob gewollt oder ungewollt. Wegen der Häufigkeit der Streitfragen in der Praxis hat auch der Bundesgerichtshof dazu schon wegweisende Fälle verhandelt und beurteilt. Zum einen die Frage des Wertersatzes nach der Rücksendung eines gebrauchten Produktes. Ein Verbraucher habe im Ladengeschäft nicht die Möglichkeit, die Ware vor dem Kauf (z. B. ein Auto-Ersatzteil) einzubauen. Der Einbau sowie die daran anschließende Probe bei Online-Bestellungen gingen über das zuzubilligende Prüfungsrecht des Verbrauchers hinaus. Der Kunde darf die Ware nach Benutzung also zurückgeben, muss jedoch bislang einen Wertersatz zahlen.

Missbrauch bei Ausübung des Widerrufsrechts?

Das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts nicht an ein besonderes Interesse des Verbrauchers (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft. Entsprechend ist der Widerruf auch ohne Begründung möglich.

Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs, beziehungsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung, kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Ein arglistiges Verhalten eines Verbrauchers kann dann anzunehmen sein, wenn es ihm darauf angekommen wäre, den Händler zu schädigen oder zu schikanieren. Ein Nachweis, wie ihn der Bundesgerichtshof verlangt, ist jedoch kaum praktisch umsetzbar.

Gewerblicher oder privater Kauf - Wann dürfen Kunden widerrufen?

Dem Verbraucher räumt das Gesetz das Recht ein, seine abgegebene Vertragserklärung innerhalb einer Frist von 14 Tagen zu widerrufen. Ein Widerrufsrecht besteht also grundsätzlich nur bei Verbraucherverträgen. Wie geht man als Online-Händler mit Fällen um, in denen Streit darüber besteht, ob der Besteller als Unternehmer oder Verbraucher gekauft hat?

Wenn die Bestellung objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen wurde, besteht für die Besteller kein Widerrufsrecht. Die Bestellung muss jedoch eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können. Soll die Rechnung an eine Firmenanschrift gesendet werden, ist dies jedoch noch kein Beweis für eine gewerblich getätigte Bestellung.

Aufreger-Thema: Widerrufsrecht nach Matratzenkauf im Netz

Der Deutsche verbringt jede Nacht durchschnittlich sieben Stunden in seinem Bett. Kein Wunder, dass der Kauf einer Matratze einen Einfluss auf die Schlafqualität und die Nachtruhe hat. Aber wenn Matratzen bequem für eine Testnacht nach Hause geliefert werden, ist Schluss mit Kundenservice. Die Testnacht auf einer Matratze soll möglich sein und Händler können dafür keinerlei Wertersatz in Abzug bringen. Maximal zwei Nächte müssen dem Verbraucher für die Prüfung der Matratze aber genügen, so die Kollegen aus Köln in einer anderen Entscheidung. Doch der Streit ist noch nicht zu Ende, sondern liegt derzeit beim Europäischen Gerichtshof.

Widerrufsrecht für Erotikartikel – Gericht gibt Online-Händlern Rückendeckung

Für fast alle im Internet bestellbaren Waren wird ein gesetzliches Widerrufsrecht garantiert. Nicht mal nach einem Gebrauch kann der Händler einen Widerruf vermeiden. Für die betroffenen Unternehmer eine nicht hinnehmbare Tatsache. Doch zumindest Händler im Erotikbereich haben jetzt deutlich Rückenwind von einem Gericht erhalten – und eine Möglichkeit, Kunden den Widerruf zu verweigern. Nach dem Öffnen einer versiegelten Verpackung muss aus Gründen des Verbraucherschutzes ein Ausschluss des Widerrufsrechts möglich sein (Urteil).

Versandapotheken: Widerrufsrecht auch für Arzneimittel

Online-Apotheken stehen den stationären Apotheken in nichts nach. Sie bieten über moderne Kommunikationswege Beratungsmöglichkeiten und können auch mit einer schnellen Lieferung punkten. Für Kunden ein weiterer Vorteil: Sie können bestellte Medikamente sogar widerrufen. Eine speziell für Medikamente geltende Ausnahme vom Widerrufsrecht gäbe es im Gesetz nicht (Urteil). Dem schloss sich nun ein weiteres Gericht an. Es gibt keinen Anlass, dem Kunden bei der Online-Bestellung von verschreibungs- und apotheken­pflichtigen Arzneimitteln das Widerrufsrecht zu verwehren (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.02.2018, Az.: 4 U 87/17).

E-Books & Co.: Können digitale Waren „zurückgegeben“ werden?

Wird Software oder ein Key zum Download von Software im Geschäft gekauft, hat der Kunde nach dem Bezahlen keine Möglichkeit mehr, es sich anders zu überlegen. Online kann das jedoch anders sein. Egal aus welchen Gründen: Kunden können sich den Kauf später anders überlegen, wenn der Händler nicht vorgesorgt hat.

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