„Na wo sind Sie denn?“ OLG Frankfurt a. M. zu Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz

Veröffentlicht: 18.10.2018 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 18.10.2018

Freier Wettbewerb bedeutet auch, dass die eigenen Arbeitnehmer von anderen Arbeitgebern abgeworben werden können. Es gibt hier jedoch rechtliche Grenzen – außerhalb derer schon ein Abwerbeversuch wettbewerbswidrig sein kann.

Die Suche neuer Mitarbeiter
© Sudtawee Thepsuponkul / Shutterstock.com

Im Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main streiteten sich zwei Personaldienstleister. Ein Mitarbeiter des einen Dienstleisters versuchte mit mehreren Anrufen, streitgegenständlich waren sieben Stück innerhalb von fünf Tagen, einen Mitarbeiter des anderen abzuwerben. Das Problem: Sie erfolgten während der regulären Arbeitszeit auf dem Privathandy des Mitarbeiters. Das Unternehmen, dessen Arbeitnehmer abgeworben werden sollte, hat das Vorgehen nicht gefallen, zumal es verständlicherweise den Arbeitsablauf störte – weshalb es Unterlassungsklage beim zuständigen Landgericht erhob. Dies gab der Klage statt, woraufhin das abwerbende Unternehmen Berufung beim Oberlandesgericht einlegte, das wieder zu Gunsten des Personaldienstleisters entschied, dessen Mitarbeiter man versucht hatte abzuwerben.

Abwerbe-Anrufe können unlauteres Wettbewerbsverhalten darstellen

Selbstverständlich können sich Arbeitnehmer ihren Job und Arbeitgeber selbst aussuchen. Was die Abwerbung anbelangt, gibt es jedoch Grenzen, welche die Arbeitgeber untereinander beachten müssen. Wird wie im vorliegenden Fall „die Ungestörtheit der Betriebsabläufe beeinträchtigt“, handelt es sich um nicht zulässige Abwerbeversuche. Dabei muss allerdings abgewogen werden: Die Interessen aller Beteiligten, also der Arbeitnehmer und der beteiligten Unternehmen müssen in die Beantwortung der Frage, ob eine unlautere Maßnahme vorliegt, einbezogen werden.

Aus dieser Maßgabe folge, dass ein Anruf nur dann zumutbar sei, „wenn er nur der ersten kurzen Kontaktaufnahme dienst, bei welcher sich der Anrufer bekannt mache, den Zweck seines Anrufs mitteilt“ und das Interesse an einem vertieften Kontakt nachfragt, wie die Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen mitteilt. Folgekontakte am Arbeitsplatz sind damit wettbewerbswidrig. „Ein Personalberater, der einen Mitarbeiter am Arbeitsplatz telefonisch zum Zwecke der Abwerbung anspricht, betreibt im Betrieb des Arbeitgebers eine gegen diesen gerichtete Werbung zu Gunsten eines Wettbewerbers“ heißt es im Urteil weiter.

Personaler muss zu Beginn des Gesprächs nachfragen

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts könne auch nichts anderes gelten, wenn die Kontakte nicht über ein Diensttelefon sondern das private Handy erfolgten. Früher konnte man hier noch anführen, dass dadurch die technische Infrastruktur des Arbeitgebers jedoch nicht beansprucht werde – dieses Argument habe aber laut den Richtern „durch die Veränderung der Arbeitswelt deutlich an Gewicht verloren“. Ruft der Personaler auf dem Privathandy an, kann er jedoch nicht sicher wissen, ob er den umworbenen Mitarbeiter gerade bei der Arbeit erwischt und damit die Betriebsabläufe stören könnte.

Dies führt zu einer relativ pragmatischen Lösung: Dem Personaler kann zugemutet werden, beim Beginn des Gesprächs zu erfragen, ob der Mitarbeiter gerade am Arbeitsplatz sei und so mit dem Anruf ein Eingriff in die betriebliche Sphäre dessen Arbeitgebers vorliegen könnte. Entsprechend wäre der Anruf dann auf eine kurze Kontaktaufnahme zu beschränken um wettbewerbswidriges Verhalten zu vermeiden.

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