Facebook: Bundesverwaltungsgericht wird über datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit entscheiden

Veröffentlicht: 02.10.2014 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 27.04.2016

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) zu Facebook-Fanpages ist revisionsbedürftig. Das teilte das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) diese Woche in einer deutlichen Pressemitteilung mit. Damit wird der Streit über die Verantwortlichkeit der Accountinhaber für Datenschutzverstöße durch Facebook nun vom höchsten deutschen Verwaltungsgericht entschieden werden.

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Hadrian / Shutterstock.com

Schleswig-Holsteinische OVG weist Berufung zurück

Am 4. September 2014 hatte das Schleswig-Holsteinische OVG die mündliche Verhandlung der Berufung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig wegen des Betreibens einer Facebook-Fanpage durchgeführt. Am selben Tag entschied das OVG, dass Betreiber von Facebook-Fanpages in keiner Weise eine Verantwortung für die hierüber ausgelöste Verarbeitung von Nutzungsdaten bei Facebook tragen. Sie seien weder verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts noch als Störer verantwortlich zu machen.

Obwohl die Betreiber von Facebook-Fanpages die Datenverarbeitung durch Facebook auslösen, kann es ihnen demnach völlig egal sein, ob die Datenverarbeitung durch Facebook in rechtmäßiger oder rechtswidriger Weise geschieht, so das Gericht. Die Fanpage-Betreiber sollen sich darauf berufen können, dass sie keinerlei Kontrolle und Einflussmöglichkeit gegenüber Facebook hätten. 

Das OVG hatte sein Urteil samt Entscheidungsgründen am 29.09.2014 vorgelegt, und die Revision zugelassen, weil entscheidende Rechtsfragen bisher nicht höchstrichterlich entschieden worden sind. Diese Möglichkeit will das ULD nutzen und den Weg vor das Bundesverwaltungsgericht gehen.

Behördenleiter Thilo Weichert zeigt sich enttäuscht von der Urteilsbegründung: „[…] Die vom ULD vorgebrachten wesentlichen Argumente werden nur beiläufig erörtert. Zwar erwähnt das OVG, anders als das Verwaltungsgericht in der Vorinstanz, dass über eine Grundrechtsfrage entschieden wird, doch ist nicht zu erkennen, dass dies in das Ergebnis der Entscheidung eingeflossen ist. Das zentrale Argument des ULD, nämlich dass das Betreiben einer Fanpage ein rechtlich und technisch einheitlicher Vorgang ist, bei dem sich Betreiber und Facebook gegenseitig ergänzen und voneinander abhängig sind, wurde nicht gewürdigt. Mit unserer Revision verfolgen wir die Hoffnung, dass bundesweit vom Bundesverwaltungsgericht klargestellt wird, dass sich Institutionen ihrer datenschutzrechtlichen Verantwortung nicht dadurch entziehen können, dass sie Dritte mit illegaler Datenverarbeitung beauftragen.“

Hintergrund des Rechtsstreites

Auslöser des mittlerweile drei Jahre andauernden Rechtsstreites ist eine Verfügung des ULD gegen die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (WAK), in der dieser auferlegt wurde, die betriebene Facebook-Fanpage zu deaktivieren. Hiergegen hatte die WAK erfolgreich beim Verwaltungsgericht Schleswig (VG) geklagt.

Das ULD vertritt die Ansicht, dass deutsche Stellen die Datenschutzverstöße von Facebook nicht dadurch fördern dürfen, dass sie Menschen dazu veranlassen, dieses Internetportal zu nutzen. Den Nutzenden muss, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, die Möglichkeit eingeräumt werden, sich unerkannt über die Inhalte auf der Fanpage zu informieren. Die Verarbeitung von Nutzerdaten zu Werbezwecken darf nur dann erfolgen, wenn die Besucher von Fanpages hierfür eine ausreichend informierte, bewusste, freiwillige und frei widerrufbare Einwilligung erteilt haben. Solche Funktionen stellen weder die WAK, noch Facebook ihren Fanpagebetreibern bisher zur Verfügung.

Entscheidung von europaweiter Bedeutung

Das Bundesverwaltungsgericht soll nun als erstes oberinstanzliches Gericht klären, inwieweit deutsche Betreiber von Fanpages für die datenschutzwidrige Datenverarbeitung durch den Portalanbieter Facebook mit verantwortlich sind. Das Verfahren ist nicht nur von bundesweiter, sondern wegen der nationalen Umsetzung von Europarecht, von europaweiter Relevanz. 

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