Eingriff in die Grundrechte?

Seehofer will auch kleine Plattformen bei Hasskriminalität in die Pflicht nehmen

Veröffentlicht: 18.02.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 18.02.2020
Innenminister Horst Seehofer im Bundestag

Der Entwurf der Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus im Netz ist vor allem wegen dem viel diskutierten und kritisierten Passwortgate bekannt. In dem Entwurf sind nämlich erweiterte Befugnisse für Ermittler vorgesehen: Diese sollen Zugriff auf Passwörter erhalten können, obwohl diese von Anbietern, wie etwa sozialen Medien, verschlüsselt gespeichert werden müssen.

Daneben sollen Medien, die unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) fallen, Hass und Hetze direkt den Strafverfolgungsbehörden melden. Das betrifft alle Plattformen ab zwei Millionen Nutzer. Außerdem soll diese Pflicht alle Betreiber von Telemediendiensten treffen, also neben den klassischen sozialen Medien auch: Blogs, Chats, Spiele-Apps, Informationsservices und Suchmaschinen, Portale, Shops und private Seiten im Web, Webmail-Dienste, Podcasts und Flirt-Communities.

Ausnahmeklausel soll weg

Geht es nun nach dem Willen von Innenminister Seehofer (CSU), soll die Ausnahme für kleine Plattformen gestrichen werden. Gegenüber Heise erklärt ein Sprecher des Innenministeriums, dass zur Verfolgung von Straftaten im Internet „die Identifizierbarkeit des Urhebers des Inhalts von entscheidender Bedeutung“ sei. Diese Identifizierbarkeit sei nach dem aktuellen Entwurf der Justizministerin aber dann nicht möglich, wenn strafbare Inhalte von Nutzern kleinerer Plattformen dem Bundeskriminalamt (BKA) über Internet-Beschwerdestellen gemeldet werden. Hier habe man keine Befugnis, an die IP-Adresse zu gelangen und so die Identität des Nutzers zu klären. 

Daher hat Seehofer nun seinen eigenen Entwurf ins Rennen geschickt. Dieser wird von Mathias Middelberg, Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, unterstützt: „Das BKA muss auch unterhalb der Schwelle des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes von zwei Millionen Nutzern im Inland tätig werden können“, wird er von Heise mit Verweis auf dpa zitiert. 

Vereine warnen vor „Verdachtsdatenbank“

Der Vorschlag des Innenministers dürfte die Debatte über das Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus im Netz weiter anheizen. Erst in der vergangenen Woche haben 13 Vereine und Verbände in einem offenen Brief an Lambrecht vor den Folgen eines solchen Gesetzes gewarnt. Der Entwurf würde zu einer „Verdachtsdatenbank“ führen, da die Telemedien neben dem eigentlichen Hasskommentar auch Teilnehmerinformationen weiter leiten müssen. Eine Weiterleitung bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass der beanstandete Kommentar oder Inhalt auch tatsächlich strafrechtliche Relevanz hat. Dies sei „hoch riskant und mit den Grundsätzen der Medien- und Informationsfreiheit nicht zu vereinbaren“, heißt es in dem offenen Brief.

Auch Bedenken stößt auch die geforderte Einordnung von Telemedien: „Wenn sowohl Opfer, als auch Täter von den sozialen Netzwerken Gruppen zugeordnet werden sollen, um besser zu analysieren, wer bedroht wird und woher die Bedrohung kommt, dann schaffen wir Register etwa von ‚Juden’, ‚Homosexuellen’ oder ‚Transpersonen’. Dies sollte nicht nur aufgrund der Lehren der deutschen Geschichte eine rote Linie sein, sondern auch in Anbetracht der aktuellen Berichterstattung über den Missbrauch von polizeilichen Datenbanken durch Beschäftigte.“

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